Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
80<br />
2. Kapitel<br />
Auf einem Computer können wir festlegen, in welchem Format wir Infor<br />
mation repräsentieren <strong>und</strong> ausgeben lassen. Zum Beispiel können wir In<br />
formation in Form von Bildern <strong>und</strong> in Form von kunstsprachlichen Satz<br />
analoga (Maschinensprachen) intern repräsentieren <strong>und</strong> verarbeiten oder<br />
auch extern darstellen lassen. Wir können die Maschine Piktogramme oder<br />
Sätze, Graphiken oder Zeichenketten konstruieren lassen. Unvermeidli<br />
cherweise sind über die Bedeutung piktorialer <strong>und</strong> propositionaler Reprä<br />
sentationsformate für eine Theorie des Geistes auch bereits erbitterte Fach<br />
diskussionen entbrannt. 81 Vielleicht haben wir gerade erst zu verstehen<br />
begonnen, wie wichtig der Begriff des „Formats“ für ein naturalistisches<br />
Verständnis phänomenalen Bewußtseins ist. Dies ist nur zu verständlich,<br />
da Gehirne wahrscheinlich eine wesentlich größere Anzahl von Formaten<br />
erzeugen <strong>und</strong> benutzen als unsere heutigen Computer. Das liegt daran, daß<br />
sie auf der Ebene ihrer physischen Realisierung weit stärker modularisiert<br />
sind. In anderen Worten: Biologische Informationsverarbeitungssysteme<br />
wie das menschliche Gehirn haben bereits auf der „Hardware Ebene“ we<br />
sentlich mehr funktionale Subsysteme. 82 Man kann nun annehmen, daß<br />
jedes dieser Subsysteme, soweit es vom restlichen Informationsfluß abge<br />
schottet ist, mit eigenen internen Formaten arbeitet. Wenn diese Vermu<br />
tung richtig ist, dann werden eine Vielzahl von Modulen ihren Output auch<br />
in einer Vielzahl von Formaten weitergeben. Diese internen Formate könn<br />
ten abstrakte Eigenschaften neuronaler Erregungsmuster sein, die durch<br />
ihre Position in Vektorräumen genauer beschrieben werden können.<br />
Die Formate einzelner Datenstrukturen haben nun interessante Eigen<br />
schaften mit dem qualitativen „Kernaspekt“ mentaler Präsentate gemein:<br />
Sie sind inkompatibel mit anderen Formaten <strong>und</strong> weisen so sie nicht in<br />
einem noch höheren Format integriert werden untereinander keinerlei<br />
informatische Beziehung auf. Ich will hier keine generelle Identitätsthese 83<br />
bezüglich Typen von mentalen Präsentaten <strong>und</strong> Typen neuronal realisierter<br />
Datenstrukturen vertreten (etwa zwischen dem Farbaspekt visueller Erleb<br />
nisse <strong>und</strong> bestimmten Partitionen von Vektorräumen, durch die Subsy<br />
steme des visuellen Cortex beschrieben werden können). Trotzdem könnte<br />
die phänomenale Qualität der Röte einfach ein bestimmtes Repräsenta<br />
tionsformat sein, das von gewissen Subsystemen des menschlichen Gehirns<br />
verwendet wird. Die phänomenale Atomizität <strong>und</strong> Irreduzibilität auf an<br />
dere phänomenale Elemente könnte erstens aus der Inkompatibilität der<br />
jeweiligen Formate resultieren <strong>und</strong> zweitens daraus, daß der Vorgang,<br />
durch den die fraglichen Repräsentate aus niedrigstufigeren Repräsentaten<br />
mit eigenen Formaten erzeugt werden, selbst kein Repräsentandum menta<br />
81 Siehe Fußnote 34.<br />
82 Letztlich bedeutet dies, daß auch die philosophische top down Analyse des Mentalen<br />
Schritt für Schritt zu einem Mikrofunktionalismus übergehen wird. Vgl. etwa Clark 1989:<br />
34. 83 Zur Logik <strong>und</strong> Schwierigkeiten der Identitätstheorie vgl. Beckermann 1990, Bieri 1981:<br />
31ff, <strong>Metzinger</strong> 1985: 16ff & 210ff.