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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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74<br />

2. Kapitel<br />

nischarakter unserer inneren Zustände im Rahmen einer Theorie mentaler<br />

Repräsentation erläutert werden, so müssen wir unter anderem eine Erklä<br />

rung dafür anbieten können, wie es möglich ist, daß aus komplexen zeitli<br />

chen Prozessen auf der neurobiologischen Ebene Formen von mentalem<br />

Gehalt entstehen können, die dem introspizierenden Erlebnissubjekt als<br />

zeitlich unmittelbar erscheinen. 62<br />

Die Vertreter des metaphysischen <strong>Subjekt</strong>begriffs könnten zum Beispiel<br />

erwidern, daß etwa Schmerzerlebnisse immer schon als solche gegeben<br />

sind. Zwar sind sie deutlich episodisch, jedoch ist die Qualität der<br />

Schmerzhaftigkeit instantan, d. h. es gibt keine phänomenale Genese. Die<br />

Fre<strong>und</strong>e einer anti naturalistischen Interpretation von Qualia könnten zu<br />

dem ins Feld führen, daß sie als phänomenale Zustände entweder in ihrem<br />

vollen qualitativen Gehalt gegeben oder nicht existent sind. Dieser Gehalt<br />

kann sich ändern, möglicherweise an Intensität zu oder abnehmen, er<br />

besitzt jedoch keine innere Geschichte. Die Qualität der Schmerzhaftigkeit<br />

selbst ist ahistorisch. Deswegen kann man dafür argumentieren, daß die<br />

Schmerz Quale unmöglich das Resultat von Prozessen in Raum <strong>und</strong> Zeit<br />

sein kann. Wie könnte etwas, das unvermittelt auftaucht <strong>und</strong> verschwindet,<br />

subjektiv vor aller Reflexion oder Introspektion immer schon da ist, jemals<br />

in Begriffen nicht psychologischer Beschreibungsebenen analysiert oder<br />

gar auf Neurobiologie reduziert werden? Mit der Gegebenheit geht außer<br />

dem ein schwer abzuweisendes introspektives Gewißheitserlebnis einher:<br />

Nothing, it seems, could you know more intimately than your own qualia; let<br />

the entire universe be some vast illusion, some mere figment of Descartes’ evil<br />

demon, and yet what the figment is made of (for you) will be the qualia of your<br />

hallucinatory experiences. Descartes claimed to doubt everything that could be<br />

doubted, but he never doubted that his conscious experiences had qualia, the<br />

properties by which he knew or apprehended them. 63<br />

Es gibt noch eine Reihe anderer Gründe, die für einige Philosophen eine<br />

dualistische Theorie von Qualia nahelegen. Bevor ich auf diese Gründe<br />

eingehe, möchte ich kurz skizzieren, wie man eine naturalistische Perspek<br />

tive auf die fragliche Klasse mentaler Zustände einnehmen kann. Man<br />

kann dies tun, indem man einen bestimmten Typ von innerem Zustand<br />

auszuzeichnen versucht <strong>und</strong> ihn auf seine biologische Funktion hin unter<br />

sucht. Wenn die biologische Funktionalität gewisser Typen mentalen Ge<br />

halts deutlich wird, verlieren metaphysische Interpretationen automatisch<br />

an Attraktivität <strong>und</strong> der Weg zu einer empirisch gehaltvollen Präzisierung<br />

wird frei. Darum werde ich nun zusammen mit einigen Erläuterungen den<br />

Begriff des mentalen Präsentats einführen, um dann einen kurzen Blick auf<br />

einige mit ihm verknüpfte philosophische <strong>und</strong> empirische Probleme zu<br />

62 Die neuropsychologischen Gr<strong>und</strong>lagen der eben angesprochenen phänomenalen Quali<br />

tät der „Gegebenheit“ in bezug auf subjektives Zeiterleben hat Ernst Pöppel untersucht. Vgl.<br />

Pöppel 1985, 1989.<br />

63 Vgl. Dennett 1988: 42.

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