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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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72<br />

2. Kapitel<br />

Wahrscheinlichkeitsabschätzung der Schlüssel zu einem besseren Verständ<br />

nis desjenigen Aspekts von <strong>Subjekt</strong>ivität liegen könnte, den wir meistens<br />

unter der Überschrift „Bewußtsein“ diskutieren. Es muß nämlich ein Me<br />

dium geben, in dem dieseAbschätzungstattfinden kann. Das heißt: Es muß<br />

durch Generierung eines geeigneten inneren Systemzustands ein höherstu<br />

figes Meta Repräsentat erzeugt werden, das den „Wahrscheinlichkeitsab<br />

stand“ zwischen Simulat <strong>und</strong> Repräsentat (zum Beispiel den Winkel zwi<br />

schen zwei Aktivierungsvektoren) nochmals mental abbildet. Dies könnte<br />

die Funktion von Bewußtsein sein. 58 Bevor wir uns einer repräsentationa<br />

len Analyse der Bewußtheit mancher mentaler Repräsentate zuwenden,<br />

müssen wir jedoch ein klareres Verständnis eines genetisch früheren Ent<br />

wicklungsstadiums phänomenaler Zustände zu erreichen versuchen. Dies<br />

ist das Ziel des nun folgenden Abschnitts.<br />

2. 1. 3 Mentale Präsentation: Qualia<br />

Zumindest intendierte Simulationen 59 unterscheiden sich von Repräsenta<br />

tionen bezüglich einer Reihe von subjektiven Eigenschaften der durch sie<br />

aktivierten phänomenalen Zustände. Wir wissen, daß unsere absichtlich<br />

eingeleiteten inneren Monologe oder unsere sexuellen Phantasien nicht in<br />

einem direkten kausalen Verhältnis zur Welt stehen, weil ihnen die perzep<br />

tuelle Komponente <strong>und</strong> damit ein Großteil des qualitativen Gehalts fehlen,<br />

der genau dieselben Bewußtseinsinhalte begleiten würde, wenn sie durch<br />

Repräsentation ausgelöst würden <strong>und</strong> nicht durch Simulation. Phantasien<br />

sind mentale Konstrukte etwas Gemachtes, das nicht den vollen Erlebnis<br />

gehalt von psychischen Zuständen mit einer „Weltkomponente“ trägt. Sol<br />

che mentalen Prozesse sind nur innere Erlebnisse, weil sie durch interne<br />

58 Somit haben wir bereits ein zweites gutes Argument für die „teleofunktionalistische“<br />

Notwendigkeit von Bewußtheit. Von der zugr<strong>und</strong>eliegenden metarepräsentationalen Funk<br />

tion muß man allerdings verlangen, daß sie alle möglichen Simulate erfassen kann.<br />

59 Intendierte Simulationen sind solche Prozesse, bei denen das psychologische <strong>Subjekt</strong><br />

sich als den Initiator der jeweiligen Sequenz innerer Zustände erlebt. Was intendiertes Agieren<br />

angeht, lassen die Untersuchungen Benjamin Libets zur Willkürmotorik <strong>und</strong> zur Antedatie<br />

rung somästhetischer Reize durch das Gehirn Zweifel an der Souveränität des psychologi<br />

schen <strong>Subjekt</strong>s gegenüber „unbewußten zerebralen Initiativen“ aufkommen. Vgl. hierzu LI<br />

BET 1973, Libet et al. 1979, Libet 1983 <strong>und</strong> Libet 1985. Leider kann ich hier nicht weiter auf<br />

die Libetschen Daten <strong>und</strong> das philosophische Problem der phänomenalen Datierung mentaler<br />

Ereignisse im Gegensatz zur physikalischen Datierung ihrer neurobiologischen Korrelate einge<br />

hen. Ich glaube, daß die Bedeutung dieser empirischen Resultate für eine Theorie des Geistes<br />

die uns ja unter anderem die Beziehung zwischen Erlebnissubjekt <strong>und</strong> Handlungssubjekt<br />

erläutern muß bisher unterschätzt worden ist. Eine Überblick über die Problematik gibt die<br />

Diskussion von Libet 1985 in BBS (1985) 8: 529 566. Eine Darstellung der Äquivokationen<br />

von „Bewußtsein“ in der Interpretation des Materials gibt Bisiach 1988: 105ff; vgl. dazu auch<br />

die dualistische Interpretation der Daten von Eccles 1976, <strong>und</strong> Popper ⁄ Eccles 1982: 315ff<br />

oder die in eine ganz andere Richtung zielende Diskussion zwischen Frau Churchland <strong>und</strong><br />

Benjamin Libet (Churchland 1981a, 1981b, Libet 1981).

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