Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Mentale Repräsentation <strong>und</strong> phänomenale Zustände 57<br />
phänomenale Ebene nicht ausschließlich zu subjektiven mentalen Zustän<br />
den. 17 Ein Hauptinteresse dieser Arbeit liegt darin, zu verstehen, was es<br />
heißt, daß durch Informationsverarbeitung im zentralen Nervensystem<br />
manche internen Zustände eben als interne bzw. mentale repräsentiert<br />
werden, andere dagegen nicht. 18<br />
Ein weiteres zentrales Problem im Zusammenhang mit dem psychischen<br />
Phänomen der mentalen Repräsentation wird durch die Tatsache erzeugt,<br />
daß mentale Repräsentate wie alle physischen Datenstrukturen in ver<br />
schiedenen Formaten vorliegen. Ich glaube, daß der Begriff des „Formats“<br />
für eine Erklärung phänomenaler Zustände unter dem Informationsverar<br />
beitungsansatz eine bisher weitgehend übersehene Bedeutung besitzt. 19 So<br />
kann Information zum Beispiel in propositionalem Format vorliegen oder<br />
in imaginalem, in Form von Aussagen (bzw. internen Satzanaloga) oder in<br />
17 Nebenbei bemerkt drückt diese Einsicht eine der vielen Möglichkeiten aus, auf die in<br />
einer modernen „informationalistischen“ Theorie des Geistes die wesentlichen Einsichten<br />
klassischer idealistischer <strong>und</strong> materialistischer Bewußtseinsphilosophien bewahrt werden<br />
können: In einer gewissen Hinsicht ist alles (qua so Repräsentiertes) „im Bewußtsein“, auch<br />
„das Objektive“ <strong>und</strong> die „Widerständigkeit der Welt“, aber gleichzeitig sind die zugr<strong>und</strong>elie<br />
genden Funktionen der Informationsverarbeitung ausschließlich durch physikalische Zu<br />
stände realisiert.<br />
18 Die Illusion der Objekthaftigkeit von Gegenständen im subjektiven Bewußtsein, könnte<br />
unter dem Informationsverarbeitungsansatz dadurch erklärt werden, daß das Gehirn bei<br />
manchen Datensätzen nach der ersten Metarepräsentationsstufe aufhört, den zugr<strong>und</strong>eliegen<br />
den Prozeß zu iterieren. Dahinter steht das Problem, daß von ihrer logischen Struktur her<br />
unendliche Prozesse wie Metarepräsentation oder <strong>Selbstmodell</strong>ierung (vgl. hierzu Kapitel 3)<br />
durch endliche physikalische Systeme prinzipiell nicht realisiert werden können. Wie ich in<br />
meinem „Pflichtenheft für mentale Repräsentate“ zeigen werde, dürfen Repräsentate das<br />
System (wenn es biologisch überlebensfähig sein soll) bei ihrer Konstruktion nicht in infinite<br />
Regresse, Endlosschleifen etc. führen. Eine Vermutung wäre, daß das Gehirn eine funktionale<br />
Architektur herausgebildet hat, die solche iterativen, aber notwendigen Prozesse wie Metare<br />
präsentation <strong>und</strong> <strong>Selbstmodell</strong>ierung durch Objektbildung abfängt. Analogien zu solchen Phä<br />
nomenen finden wir in der Logik (vgl. Blau 1986) oder in der Unterscheidung zwischen<br />
Objekt <strong>und</strong> Metasprache.<br />
19 Wenn phänomenales Bewußtsein als die Erzeugung interner Datenstrukturen interpre<br />
tiert werden kann, dann können diese Datenstrukturen unter drei Hinsichten analysiert wer<br />
den: ihrem Format, ihremGehalt <strong>und</strong> der Art <strong>und</strong> Weise, in der sie vom System organisiert<br />
werden (Vgl. Kosslyn 1981: 47). Will man den intentionalen Gehalt mentaler Zustände unter<br />
dem Informationsverarbeitungsansatz untersuchen, dann wird man sich dem zweiten Charak<br />
teristikum zuwenden, will man ihre <strong>Subjekt</strong>zentriertheit besser verstehen, dann wird man das<br />
zuletzt genannte Merkmal, also die strukturelle Organisation des inneren Repräsentations<br />
raums näher betrachten. Das Format dagegen hängt am direktesten mit der physikalischen<br />
Realisierung, dem Medium des Repräsentationsprozesses zusammen <strong>und</strong> schränkt die Anzahl<br />
der möglichen Organisationsformen ein es ist die im Zusammenhang mit Qualia interessan<br />
teste informatische Kategorie. „The format is determined by (a) the nature of the „marks“ used<br />
in the representation (such as ink, magnetic fluxes, or so<strong>und</strong> waves) and (b) the way these marks<br />
are interpreted (the mark A could be taken as a token of a letter of the alphabet or a picture of a<br />
particular pattern). The format specifies wether a representation is composed of primitive<br />
elements and relations and, if so, specifies their nature. . . . The format of representation<br />
constrains the possible organizations but does not determine them.“ (Kosslyn 1981: 47)