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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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52<br />

2. Kapitel<br />

Wenden wir uns zunächst kurz denjenigen Relata zu, die zum Gehalt<br />

mentaler Repräsentate werden: den Sachverhalten der Welt, die in unse<br />

rer dreistelligen Relation als Repräsentanda fungieren. Bei den Repräsen<br />

tanda kann es sich um externe Fakten wie die Präsenz eines natürlichen<br />

Feindes, einer Nahrungsquelle oder eines Geschlechtspartners handeln,<br />

aber auch um Symbole, Argumente oder Theorien über die <strong>Subjekt</strong>ivität<br />

mentaler Zustände. Interne Fakten wie der Blutzuckerspiegel oder das<br />

Vorhandensein von Krankheitserregern können ebenfalls zu Repräsen<br />

tanda werden, indem sie die Aktivität des zentralen Nervensystems mo<br />

dulieren <strong>und</strong> so seinen Informationsfluß verändern. Genauso können Re<br />

lationen wie etwa die Entfernung 8 zu einem bestimmten ebenfalls intern<br />

repräsentierten Zielzustand <strong>und</strong> Klassen, zum Beispiel von Lust oder<br />

Schmerz produzierenden Verhaltenstypen, zu Objekten des Abbildungs<br />

vorganges werden <strong>und</strong> so höhere kognitive Vorgänge einleiten. Besonders<br />

wichtig in Zusammenhang mit dem Problem der <strong>Subjekt</strong>ivität ist die<br />

Tatsache, daß das System als Ganzes mit all seinen internen, öffentlichen<br />

<strong>und</strong> relationalen Eigenschaften zum Repräsentandum werden kann. Re<br />

präsentanda können sowohl systemexterne wie auch systeminterne Berei<br />

che der Welt sein.<br />

Bei den Repräsentaten handelt es sich dagegen in dem hier betrachteten<br />

Sonderfall der mentalen Repräsentation immer um Datenstrukturen, die<br />

ähnlich wie funktionale Zustände durch interne physikalische Eigen<br />

schaften des betreffenden Systems realisiert sind. 9 Die Form der Realisie<br />

rung kann sehr unterschiedlich sein. Bei von Neumann Maschinen kann<br />

die betreffende Information in Gestalt diskreter „symbolischer Atome“<br />

unter einer bestimmten Adresse abgelegt sein, es ist jedoch auch möglich<br />

<strong>und</strong> neurobiologisch realistischer daß ein System distribuierte Repräsen<br />

tate auf der subsymbolischen Ebene erzeugt, zum Beispiel durch die struk<br />

turelle Fixierung bestimmter Energieminima <strong>und</strong> komplexe Konnektivi<br />

8 Der theoretische Rahmen des Konnektionismus bietet mathematisch präzise Ähnlich<br />

keitskriterien für die internen Repräsentationen eines Netzwerks an: Wenn man annimmt,<br />

daß solche Systeme (etwa ein neuronales Netz) interne Repräsentate als durch Aktivierungs<br />

vektoren in n dimensionalen Vektorräumen beschreibbare Zustände erzeugen, dann kann<br />

man die Ähnlichkeit (oder „Entfernung“) zwischen zwei Repräsentaten als den Winkel zwi<br />

schen zwei Aktivierungsvektoren analysieren. Für eine philosophische Naturalisierung der<br />

Erkenntnistheorie ist diese Tatsache in ihrer Bedeutung kaum zu unterschätzen. Vgl. Ab<br />

schnitte 2.2 <strong>und</strong> 2.2.1. Bezüglich der Identitätskriterien vgl. Churchland 1998.<br />

9 Auch bei funktionalen Zuständen, die durch ihre kausale Rolle individuiert werden,<br />

spricht man von Realisierung in Form physikalischer Strukturen mit den entsprechenden<br />

„kausalen Kräften“ <strong>und</strong> von ihrer Multirealisierbarkeit; d. h. von ihrer Eigenschaft, durch eine<br />

mehr oder weniger große Anzahl von funktional isomorphen <strong>und</strong> physikalisch unterschiedli<br />

chen Strukturen im kausalen Netzwerk der Welt wirksam werden zu können. Mentale Reprä<br />

sentate dagegen werden durch ihren Gehalt individuiert. Wenn man davon ausgeht, daß sie als<br />

solche auch eine Steuerfunktion innerhalb des gegebenen Systems besitzen, dann können sie<br />

dies nur insofern sie als konkrete Strukturen oder Prozesse realisiert sind. Um zu verstehen,<br />

wie mentale Repräsentate realisiert werden können, muß man also die Funktionalität ihres<br />

Gehalts untersuchen. Vgl. Abschnitt 2.2.1.

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