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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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Mentale Repräsentation <strong>und</strong> phänomenale Zustände 49<br />

des Leib Seele Problems. Diese neue Variante entsteht dadurch, daß wir<br />

den subjektiven Charakter mentaler Zustände unter dem Aspekt der Infor<br />

mationsverarbeitung betrachten: In welcher Relation stehen komplexe In<br />

formationsverarbeitungsereignisse zum Beispiel in menschlichen Gehir<br />

nen zu gleichzeitig ablaufenden psychischen Episoden, die von den<br />

betreffenden Systemen selbst unter Einsatz externer Repräsentationscodes<br />

als ihre „subjektiven Erlebnisse“ bezeichnet werden?<br />

Die Fortschritte der Neuro <strong>und</strong> Kognitionswissenschaften haben deut<br />

lich gemacht, daß das Auftreten <strong>und</strong> der Gehalt psychischer Episoden in<br />

sehr starker Weise durch Eigenschaften des Informationsflusses im Gehirn<br />

determiniert wird. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e scheint es sinnvoll, nicht nur men<br />

tale Zustände im allgemeinen, sondern auch das unter dem Stichwort „Sub<br />

jektivität“ zusammengefaßte Bündel problematischer Eigenschaften dieser<br />

Zustände durch Begriffe derjenigen Beschreibungsebene zu analysieren, die<br />

Objekte mit psychologischen Eigenschaften als informationsverarbeitende<br />

Systeme ins Blickfeld rückt. Die zentrale Kategorie dieser theoretischen<br />

Ebene ist das Konzept der Repräsentation. Der Begriff der „Repräsenta<br />

tion“ hat in unserem Jahrh<strong>und</strong>ert über die Verknüpfung mit dem Begriff<br />

der Information eine mathematische Präzisierung <strong>und</strong> eine empirische<br />

Verankerung erfahren, die ihn interessant macht für naturwissenschaftlich<br />

orientierte Analysen kognitiver Phänomene <strong>und</strong> psychischer Zustände im<br />

allgemeinen. In der Künstliche Intelligenz Forschung, in der Kognitions<br />

psychologie <strong>und</strong> in verschiedenen Neurowissenschaften spielt der Reprä<br />

sentationsbegriff heute die zentrale Rolle in der Theoriebildung. Das darf<br />

nicht darüber hinwegtäuschen, daß diese Entwicklung zu einer mehr als<br />

problematischen semantischen Inflation des Terms geführt hat 4 <strong>und</strong> daß<br />

Information derjenige Begriff also, der diese Entwicklung in Richtung auf<br />

einen Brückenschlag zwischen Natur <strong>und</strong> Geisteswissenschaften über<br />

haupt erst möglich gemacht hat die bei weitem jüngere Kategorie dar<br />

stellt. Repräsentation ist nämlich ein traditioneller topos abendländischer<br />

Philosophie. 5<br />

4 Nützliche Begriffsklärungen <strong>und</strong> Literaturverweise bezüglich verschiedener Theorien<br />

mentaler Repräsentation finden sich in Stich 1992.<br />

5 Das erste sicher belegbare Auftreten des Begriffs in der abendländischen Geistesgeschichte<br />

finden wir bei Cicero, der repraesentatio vorwiegend in seinen Briefen <strong>und</strong> Reden verwendet,<br />

weniger in seinen philosophischen Schriften. (Bei diesen <strong>und</strong> allen folgenden Angaben stütze ich<br />

mich auf die detaillierte <strong>und</strong> äußerst empfehlenswerte Begriffsgeschichte von Eckart Scheerer<br />

<strong>und</strong> Oliver Scholz. Vgl. Scheerer 1990a, 1990b; Scholz 1991.) Einen klar benennbaren griechi<br />

schen Prototyp des Begriffs repraesentatio gibt es nicht, es hat aber den Anschein, als tauchten<br />

alle heutigen Bedeutungselemente von „Repräsentation“ bereits in der lateinischen Fassung auf.<br />

FürdieRömerbedeutetrepraesentare etwas vorher Abwesendes in einem sehr wörtlichen Sinn<br />

wieder in die Gegenwart zu bringen. Im frühen Mittelalter bezog der Begriff sich überwiegend<br />

auf konkrete Dinge <strong>und</strong> Handlungen; das semantische Element von „Stellvertretung“ ist bereits<br />

in einem juristischen Text aus dem 4. Jahrh<strong>und</strong>ert belegt (vgl. Podlech 1984: 510). Später<br />

hinzutretende Bedeutungselemente sind „Vorstellung“ (das sich über den Einsatz von repraesen<br />

tatio für mittelalterliche Mysterienspiele bis in die heutige Parallele zwischen „Theatervorstel<br />

lung“ <strong>und</strong> „innerer Bühne“ [forum internum] bzw. die Denkfigur des Theater Model

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