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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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Auf dem Weg zu einer neuen Theorie des Geistes 37<br />

ihre qualitativen Merkmale identifizieren, als über ihr relationales, kausa<br />

les oder funktionales Profil.<br />

Was kann nun der naturalistische Psychologe all dem erwidern? Die<br />

Arbeit derjenigen Forscher, die als empirische Psychologen nach einer na<br />

turwissenschaftlichen Methodologie Beiträge zu einem tieferen Verständ<br />

nis mentaler Zustände liefern wollen, besteht zu einem großen Teil in der<br />

Erzeugung <strong>und</strong> dem Testen 22 von Hypothesen über kausale Rollen <strong>und</strong><br />

funktionale Interdependenzen. Theoretische Repräsentation erzeugt eine<br />

andere revidierbare Ontologie als mentale Repräsentation; die empiri<br />

sche Psychologie benutzt einen anderen epistemischen Zugang zu den frag<br />

lichen Phänomenen als der introspizierende Alltagspsychologe. Dieser<br />

theoretische Zugang wird niemals dieselbe Innerlichkeit erzeugen können<br />

wie die systeminterne Selbstwahrnehmung, denn im Gegenteil ist das epi<br />

stemische Ziel wissenschaftlicher Theorienkonstruktion ja gerade Intersub<br />

jektivität. Bedeutet dies nicht, daß die qualitativen Gehalte subjektiven<br />

Bewußtseins sich dem naturalisierenden Zugriff der Neuro <strong>und</strong> Kogni<br />

tionswissenschaften prinzipiell entziehen müssen?<br />

Was an diesem Punkt entschieden werden muß, ist die Frage nach der<br />

erkenntnistheoretischen Autorität des <strong>Subjekt</strong>s bezüglich seiner eigenen Zu<br />

stände. Muß eine naturalistische Theorie des Geistes die subjektive Inner<br />

lichkeit nur über ihre objektiven Entstehungsbedingungen erklären können<br />

oder verfehlt sie systematisch eine relevante Klasse von Tatsachen, die nur<br />

aus der Perspektive der ersten Person epistemisch erschlossen werden kön<br />

nen? Berühmte zeitgenössische Anti Naturalisten wie Thomas Nagel oder<br />

Frank Jackson haben dieses Problem in origineller Weise reformuliert <strong>und</strong><br />

zu beantworten versucht, deswegen werden wir uns ihren Analysen später<br />

zuzuwenden haben. Mit der Frage, ob das <strong>Subjekt</strong> ein bleibendes Loch im<br />

wissenschaftlichen Weltbild ist oder nur ein vorübergehender weißer Fleck<br />

auf der Landkarte, sind wir am Ende unseres ersten Ausflugs in die Pro<br />

blemlandschaft bereits auf die Tatsache gestoßen, daß <strong>Subjekt</strong>ivität nicht<br />

nur ein psychisches, sondern auch ein epistemisches Phänomen ist. Damit<br />

wird <strong>Subjekt</strong>ivität nicht nur zum zentralen Thema einer empirisch orien<br />

tierten Philosophie der Psychologie, sondern auch direkt relevant für das<br />

Projekt einer naturalistischen Erkenntnistheorie. In Entsprechung zu den<br />

eben untersuchten drei phänomenologisch f<strong>und</strong>ierten Hauptaspekten des<br />

<strong>Subjekt</strong>ivitätsproblems muß man nämlich immer auch drei erkenntnis<br />

theoretische Fragen aufwerfen. Sie lauten: Weiß ich um die „Meinigkeit“<br />

der Zustände meines Selbst, <strong>und</strong> zwar in einem philosophisch interessanten<br />

Sinn von „Wissen“? Ist „Bewußtheit“ ein epistemisches Phänomen; weiß das<br />

psychologische <strong>Subjekt</strong> in einem philosophisch interessanten Sinn von<br />

„Wissen“ um seine eigene Bewußtheit <strong>und</strong> deren Inhalte? Stellt der quali<br />

22 Es gibt allerdings bereits Versuche, sogar eine Wissenschaftstheorie nach dem Muster<br />

subsententialistischer, parallel distribuierter Informationsverarbeitung zu konstruieren, mit<br />

hin die Arbeitsweise des Gehirns auch im Bereich intersubjektiven Wissenserwerbs zu etablie<br />

ren. Vgl. Churchland 1989 Teil 2, besonders Kap. 9 11.

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