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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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34<br />

1. Kapitel<br />

gen:AlsRepräsentatebildensiefüreinbestimmtesSystemgewisserele<br />

vante Eigenschaften ihrer Repräsentanda in Gestalt eines internen Zustan<br />

des ab. Mentale Zustände sind aber nicht nur in manchen informationsver<br />

arbeitenden Systemen auftretende Darstellungen von Teilen der Welt, sie<br />

sind gleichzeitig auch Erlebnisse von Personen. Darum erheben sich die<br />

folgenden Fragen: Was ist es, das zu ihrem intentionalen Gehalt hinzutritt<br />

<strong>und</strong> sie zu subjektiven inneren Repräsentaten macht? Wodurch werden die<br />

Resultate mentaler Repräsentationsprozesse zu bewußten Erlebnissen? Wir<br />

wissen, daß diese beiden für den Philosophen interessantesten Eigenschaf<br />

ten psychischer Zustände nennen wir sie „Repräsentationalität“ <strong>und</strong><br />

„Phänomenalität“ disjunkt, also nicht notwendig miteinander verknüpft<br />

sind. Denn wir kennen viele Fälle, in denen Systeme Repräsentate erzeu<br />

gen, ohne dabei Erlebnisse zu haben. Das gilt etwa für Taschenrechner oder<br />

Geldautomaten. Es gilt aber auch für menschliche Gehirne im Tiefschlaf,<br />

die die Aktivität von Leber, Herz <strong>und</strong> anderen Organen über die Regula<br />

tion innerer Repräsentationen dieser Aktivität steuern. Menschliche Ge<br />

hirne erzeugen <strong>Subjekt</strong>ivität nicht permanent, sondern in Episoden. Die<br />

wichtige Erkenntnis, daß wir nur episodisch als die psychologischen Sub<br />

jekte des Wachzustandes existieren, ist vielleicht ein starker Hinweis dar<br />

auf, daß diese evolutionsgeschichtlich neue Eigenschaft nur unter Bedin<br />

gungen einer maximalen funktionalen Komplexität aufrecherhalten wer<br />

den kann.<br />

Die Episodizität subjektiver Zustände wird von anti naturalistischen<br />

Theorien des Geistes gerne unterschlagen. Das ist verständlich, denn die<br />

Tatsache, daß natürliche Repräsentationssysteme wie Tiere oder Menschen<br />

sich nur intermittierend in phänomenale Systeme verwandeln, verweist<br />

deutlich auf die biologischen Wurzeln von Selbstbewußtsein. Eine der er<br />

staunlichsten <strong>und</strong> bisher viel zu wenig untersuchten Leistungen von Gehir<br />

nen ist in diesem Zusammenhang das Aufwachen. Gehirne sind nämlich in<br />

der Lage, zwischen verschiedenen Bewußtseinszuständen hin <strong>und</strong> herzu<br />

springen, wenn dies erforderlich ist. Aufwachen ist deswegen ein in<br />

teressantes psychisches Phänomen, weil in ihm der Erlebnischarakter men<br />

taler Zustände erzeugt wird: Erwachen ist die Emergenz subjektiven<br />

Bewußtseins. Man kann annehmen, daß sich viele niedere Tiere in einem<br />

Zustand befinden, der sie zwar zu Repräsentierenden macht, aber nicht zu<br />

Erlebenden. Ob es (umgekehrt gedacht) reines Bewußtsein in dem Sinne<br />

geben kann, daß manche Systeme zumindest im Modus logischer Mög<br />

lichkeit mentale Zustände besitzen, die überhaupt nicht repräsentieren<br />

<strong>und</strong> trotzdem aperspektivische, gehaltfreie Erlebnisse darstellen, scheint<br />

äußerst fraglich. Vielleicht gibt es irgendwo im Universum einen Planeten<br />

der Zen Meister, auf dem die reine Achtsamkeit eines mittelpunktlosen<br />

<strong>und</strong> nicht durch Inhalte zersplitterten Schauens den üblichen Bewußtseins<br />

zustand darstellt. Aber nach allem, was wir bisher wissen, muß man sagen:<br />

Phänomenalität setzt Repräsentationalität voraus. <strong>Subjekt</strong>ive Erlebnisse<br />

treten überhaupt nur in solchen Systemen auf, die komplexe innere Dar<br />

stellungenvonTeilenderWelterzeugen.Damitwirdaberaucheinevorläu

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