Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Vom <strong>Subjekt</strong> zum <strong>Selbstmodell</strong>: Perspektivität ohne Ego 277<br />
Annahme auszugehen, daß zukünftige Versionen einer naturalistischen<br />
Theorie des Geistes nicht ganz neue Kriterien enthalten werden. Das beste<br />
<strong>und</strong> befriedigendste Kriterium für die Anerkennung eines nicht biologi<br />
schen <strong>Subjekt</strong>s, das ich persönlich kenne <strong>und</strong> favorisieren würde, wäre<br />
genaudannerfüllt,wenneinSystemunsüberzeugenddemonstriert,daßes<br />
das in dieser Untersuchung diskutierte philosophische Problem der Subjek<br />
tivität mentaler Zustände verstanden hat <strong>und</strong> mit eigenen Argumenten in<br />
dieDiskussioneinzugreifenbeginnt.<br />
Ich habe im vierten Kapitel die skeptischen Nagelschen Argumente ge<br />
gen die Möglichkeit einer erschöpfenden objektiven Theorie des Mentalen<br />
zu einem tieferen kommentierenden Eindringen in die Problematik be<br />
nutzt. Nagels Philosophie des <strong>Subjekt</strong>s erschien mir unter anderem deswe<br />
gen wertvoll, weil sie sich auf einem hohen analytischen Niveau bewegt <strong>und</strong><br />
erfolgreich der Ignorierung oder Einebnung einer zentralen Problemdimen<br />
sion durch die in der neueren angelsächsischen Diskussion teilweise anzu<br />
treffende reduktionistische Euphorie 40 entgegengewirkt hat. Wenn die phä<br />
nomenale Perspektivität unseres Innenlebens mittlerweile ein etablierter<br />
Bestandteil der Diskussion ist der sie wiederum attraktiver für kontinen<br />
tale Denker macht , dann ist das auch ein Verdienst von Thomas Nagel.<br />
Ich werde deshalb diesen Abschnitt vorläufiger Antworten beenden, indem<br />
ich zu Nagels Formulierungen des Problems zurückkehre.<br />
E7: Läßt sich aus der <strong>Subjekt</strong>ivität mentaler Zustände die These<br />
ableiten, daß das wissenschaftliche Weltbild prinzipiell unvollstän<br />
dig bleiben muß?<br />
Die wissenschaftliche Repräsentation der Welt durch sich entwickelnde<br />
Theorien ist ihrer Struktur nach aperspektivisch: In dieser Repräsentation<br />
wird das eben jene Repräsentation erzeugende System, die scientific com<br />
munity, nur unvollständig „systemintern“ dargestellt (zum Beispiel in den<br />
wiederum von ihr selbst erzeugten wissenssoziologischen <strong>und</strong> wissen<br />
schaftstheoretischen Beschreibungen derselben). Die Inhalte des durch den<br />
Prozeß der wissenschaftlichen Theoriebildung geöffneten Repräsentations<br />
raumes sind intersubjektiv überprüfbar <strong>und</strong> gegebenenfalls auch intersub<br />
jektiv gültig. Darin liegt ihre Stärke: Sie sind keine benutzerfixierten Reprä<br />
sentate.<br />
Im Fall der Humanpsychologie des Wachbewußtseins handeln sie aber<br />
notgedrungen von mentalen Modellen der Wirklichkeit, die keine Varia<br />
blen enthalten <strong>und</strong> durch die Einbettung eines <strong>Selbstmodell</strong>s zu phänome<br />
nal zentrierten <strong>und</strong> von der funktionalen Analyse her benutzerfixierten<br />
Repräsentaten geworden sind. Selbst wenn wir durch eine teuflische Tech<br />
nologie die zentrierten Realitätsmodelle zwischen zwei Systemen austau<br />
40 Karl Popper hat diese metaphysische Ideologie treffend als „promissive materialism“<br />
bezeichnet, als eine Versprechungen machende Haltung, die Schuldscheine auf zukünftige<br />
theoretische <strong>und</strong> empirische Entwicklungen aufnimmt. Vgl. Popper ⁄ Eccles 1982.