Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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270<br />
5. Kapitel<br />
schen Materials über die neurobiologischen <strong>und</strong> neuroinformatischen Hin<br />
tergr<strong>und</strong>bedingungen phänomenalen Selbstbewußtseins beim Menschen<br />
unhaltbar geworden.<br />
Es gibt allerdings einen starken Sinn, in dem das menschliche Gehirn<br />
einen privilegierten Zugang zu den von ihm aktivierten mentalen Modellen<br />
hat. Es erfaßt bereits jetzt durch Metarepräsentation viele der interessanten<br />
Eigenschaften der von ihm erzeugten Datenstrukturen, Eigenschaften, die<br />
die Neurowissenschaftler aus ihrer externen Perspektive vielleicht niemals<br />
oder erst in ferner Zukunft werden entdecken <strong>und</strong> beschreiben können.<br />
Wenn zum Beispiel die hier vorgeschlagene Hypothese über mentale Prä<br />
sentate in die richtige Richtung deutet, dann gibt es abstrakte Eigenschaf<br />
ten solcher Datenstrukturen nämlich Mikroformate , die vom Gehirn<br />
zielsicher erfaßt <strong>und</strong> in Gestalt derjenigen Zustände dargestellt werden, die<br />
wir dann als Qualia bezeichnen. Das Gehirn ist gegenüber dem Wissen<br />
schaftler, der diese abstrakten Eigenschaften verstehen will, als das diese<br />
Eigenschaften erzeugende System in einer privilegierten Position. Mentale<br />
Modelle sind, wenn wir sie alsAktivierungsvektoren in den inneren Schich<br />
ten eines komplexen <strong>und</strong> massiv parallel arbeitenden Systems analysieren,<br />
abstrakte Entitäten, die Transformationen in hochdimensionalen Vektor<br />
räumen durchlaufen. Gegenüber dem Wissenschaftler hat das Gehirn den<br />
Vorteil, diese abstrakten Prozesse metarepräsentational als Konkreta dar<br />
stellen zu können. Vielleicht ist unser phänomenales Bewußtsein am Ende<br />
doch keine so schlechte Darstellung der inneren Prozesse, vielleicht bün<br />
delt diese subjektive Repräsentation in analogem Format letztlich doch<br />
einen Großteil der auch aus theoretischer Perspektive interessanten Eigen<br />
schaften des Systems. Unser phänomenales Bewußtsein inkorporiert<br />
schließlich eine große Menge nicht diskursiven Wissens über uns selbst <strong>und</strong><br />
die Vergangenheit unserer Spezies auf diesem Planeten nur darf man<br />
nicht übersehen, daß die Erzeugung dieses Wissens sehr spezifischen Inter<br />
essen diente, die durch biologische Imperative determiniert wurden. Wo<br />
diese Imperative nicht gelten, ist es hochgradig fallibel.<br />
LS 1: Ist das <strong>Subjekt</strong> logisch primitiv?<br />
LS 5: Funktionieren mentalistische Terme wie Eigennamen, d. h.<br />
spezifizieren sie ihre Referenten über alle logischen Welten hinweg?<br />
Ich habe dafür argumentiert, daß das, was wir gemeinhin als das psychologi<br />
sche <strong>Subjekt</strong> zu bezeichnen pflegen, substituierbar ist durch eine Entität inner<br />
halb einer empirisch verankerbaren Theorie mentaler Repräsentation, die ich<br />
das mentale <strong>Selbstmodell</strong> eines Systemsgenannt habe: Psychologie ist im Kern<br />
die wissenschaftliche Erforschung einer bestimmten Datenstruktur, wenn<br />
man so will phänomenale Informatik. Über die logische Gr<strong>und</strong>struktur unse<br />
rer Ontologie im allgemeinen ist damit natürlich nichts ausgesagt.