Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Vom <strong>Subjekt</strong> zum <strong>Selbstmodell</strong>: Perspektivität ohne Ego 269<br />
dern sie ist vielmehr die Art <strong>und</strong> Weise, in der sich das System diesen<br />
Vorgang, seine Vorbedingungen <strong>und</strong> seine Resultate auf der Ebene phäno<br />
menaler Zustände selbst zu erklären versucht.<br />
E4: Was bedeutet es, daß subjektive mentale Zustände „private“<br />
Zustände sind?<br />
<strong>Subjekt</strong>ive mentale Zustände sind Zustände von mentalen Modellen, die in<br />
das <strong>Selbstmodell</strong> eines Systems eingebettet wurden. Trivialerweise sind<br />
solche Zustände in einem simplen physikalischen Sinn Zustände, die einer<br />
Person oder einem System gehören, weil sie ihre Zustände sind. 34 Es sind<br />
also nicht private Objekte oder phänomenale Individuen, zu denen das<br />
psychologische <strong>Subjekt</strong> in einer exklusiven Besitzbeziehung steht, sondern<br />
variable interne Datenstrukturen, über deren angebliche Privatheit wir zu<br />
entscheiden haben. Das psychologische <strong>Subjekt</strong> ist ja seinerseits eine solche<br />
durch mentale Repräsentation erzeugte Datenstruktur: Das mentale Mo<br />
dell des Systems selbst. Wenn mit der problematischen „Privatheit“ menta<br />
ler Zustände, die in verschiedenen Varianten von Philosophen immer wie<br />
der als Kandidat für ein kategoriales Abgrenzungskriterium mentaler<br />
Zuständegegenüber physischen Zuständen diskutiert wurde, nicht die phy<br />
sikalische Internalität von Systemzuständen gemeint sein soll, kann sie<br />
somit noch als repräsentationale Internalität interpretiert werden. Die Tat<br />
sache, daß zwischen gewissen internen Datenstrukturen eine Einbettungs<br />
relation besteht, kann aber ihrerseits schwer zu einem metaphysischen<br />
Mysterium oder zu einem interessanten Einwand gegen eine naturalistische<br />
Theorie des <strong>Subjekt</strong>s umgemünzt werden. In diesem Kontext ist es nicht<br />
mehr als ein schlichtes, kontingentes Faktum, daß manche auf natürliche<br />
Weise entstandenen Repräsentationssysteme einige der von ihnen intern<br />
aktivierten mentalen Modelle noch einmal in ein <strong>Selbstmodell</strong> einbetten.<br />
Also könnte ein auf dem Begriff der „Privatheit“ beruhender Einwand<br />
gegen die Naturalisierung des psychologischen <strong>Subjekt</strong>s letztlich nur ein<br />
phänomenologischer sein, der die phänomenale „Meinigkeit“ subjektiver<br />
Zustände zu seinem Ausgangspunkt macht. Das kann man tun, indem man<br />
die phänomenale Internalität also die psychische Erfahrung von Inner<br />
lichkeit <strong>und</strong> Perspektivität zu einem Evidenzerlebnis überhöht. Man<br />
könnte dann versuchen, aus dieser inneren Evidenz ein Argument für die<br />
epistemische Geschlossenheit des inneren Raumes zu konstruieren. Dazu<br />
braucht man aber eine starke erkenntnistheoretische Prämisse, die ich häu<br />
fig als die cartesianische Annahme der Selbsttransparenz des <strong>Subjekt</strong>s be<br />
zeichnet habe. Diese Annahme ist jedoch angesichts des neueren empiri<br />
34 Vgl. hierzu <strong>und</strong> bezüglich des Scheiterns der Inkorrigibilitätsthese als Einwand gegen die<br />
Identitätstheorie Bieri 1981: 60; <strong>Metzinger</strong> 1985, Abschnitte 2.1.7.1 <strong>und</strong> 2.1.7.2, außerdem<br />
Rorty 1981a, 1981b (1965, 1970): 93, besonders 107ff. Eine Zusammenstellung der kanoni<br />
schen Texte der Privatheits Diskussion findet sich in Bieri 1981: 344f. Vgl. ferner Wilkes<br />
1984: 225.