Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Vom <strong>Subjekt</strong> zum <strong>Selbstmodell</strong>: Perspektivität ohne Ego 267<br />
sind auch der Gehalt seines <strong>Selbstmodell</strong>s <strong>und</strong> damit die Eigenschaften des<br />
psychologischen <strong>Subjekt</strong>s fixiert. Die meisten von uns haben noch keine<br />
ernsthaften Störungen mentaler <strong>Selbstmodell</strong>ierung erlebt, deshalb können<br />
wir uns auch nur schlecht vorstellen, daß unser Ichgefühl im Gr<strong>und</strong>e eine<br />
sehr zerbrechliche psychische Instanz ist, die in ihrer Kontinuität von<br />
bewußtseinsexternen Faktoren abhängig ist. Es fällt in diesem Zusammen<br />
hang auf, daß mentale Simulationen, in deren Verlauf das <strong>Selbstmodell</strong><br />
deaktiviert wird, praktisch kaum durchführbar sind: Wir können uns nicht<br />
vorstellen, wie es ist, wenn wir tot sind. Die Erklärung für diese Tatsache<br />
mag sein, daß solche mentalen Operationen biologisch sinnlos oder sogar<br />
gefährlich sind.<br />
P 10: Koinzidiert die fragliche Relation mit dem Auftreten von<br />
„Bewußtsein“; kann es unbewußte „Meinigkeit“ geben?<br />
Beim Menschen ist es in den meisten Fällen so, daß „Erfaßt sein durch<br />
Metarepräsentation“ <strong>und</strong> „Eingebettetsein in ein <strong>Selbstmodell</strong>“ als Eigen<br />
schaften einer bestimmten Klasse mentaler Modelle koinstantiiert sind.<br />
Diese Tatsache hat auf philosophischer Ebene häufig zu vorschnellen be<br />
grifflichen Identifikationen geführt. Die Schlafwandlerin, die im hellen<br />
Mondschein mit großer Sicherheit über den Dachfirst spaziert, ist vielleicht<br />
ein Beispiel für ein System, das ein sehr komplexes <strong>und</strong> funktional aktives<br />
<strong>Selbstmodell</strong> erzeugt, ohne die in dieses <strong>Selbstmodell</strong> eingebetteten Zu<br />
stände noch einmal metarepräsentational abzubilden. Phänomenale Mei<br />
nigkeit ist allerdings an Bewußtheit geb<strong>und</strong>en: Es gibt in solchen Fällen<br />
kein subjektives Erleben der eigenen Identität.<br />
P11: Ist die <strong>Subjekt</strong>zentriertheit mentaler Zustände eine mit ihrem<br />
Erlebnischarakter notwendig verknüpfte Eigenschaft oder kann es<br />
<strong>Subjekt</strong>ivität ohne qualitativen Gehalt geben?<br />
Hier gilt mutatis mutandis, was ich über die Mathematiker im Mathemati<br />
kerhimmel gesagt habe: <strong>Selbstmodell</strong>erzeuger ohne Analog Indikatoren<br />
sind durchaus denkbar. In unserem eigenen Fall werden immer auch men<br />
tale Präsentate aktiviert, während <strong>Selbstmodell</strong>ierung stattfindet. Das ist<br />
so, weil das repräsentationale F<strong>und</strong>ament unseres <strong>Selbstmodell</strong>s, das Kör<br />
perschema, selbst mit propriozeptiven Präsentaten unterlegt ist, denen auf<br />
der phänomenalen Ebene das Körpergefühl <strong>und</strong> die Schwereempfindungen<br />
entsprechen. Die neurobiologische Gr<strong>und</strong>lage des repräsentationalen Fun<br />
daments wiederum könnte die kontinuierliche, inputunabhängigeAktivität<br />
einer genetisch fixierten neuronalen Körpermatrix sein. 33 Wir sind deshalb<br />
Wesen, welche sich in repräsentationalen Standardsituationen immer<br />
33 Vgl. Melzack 1989, 1992, Melzack et al. 1997.