Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
266<br />
5. Kapitel<br />
modells, Zustände eines mentalen Makro Repräsentats, in das verschie<br />
dene andere Datenstrukturen eingebettet wurden. Der Umstand, daß diese<br />
Datenstrukturen in das <strong>Selbstmodell</strong> eingebettet wurden, verleiht ihnen ein<br />
zusätzliches Merkmal. Wird dieses Merkmal durch das Gehirn metareprä<br />
sentational noch einmal abgebildet, dann entsteht auf der Erlebnisebene<br />
die Qualität der „Meinigkeit“.Alle mentalen Zustände, die diese phänome<br />
nale „Meinigkeit“ aufweisen, erzeugen zusammen etwas, das man als das<br />
phänomenale Selbst, das Ichgefühl oder als die subjektive Identität bezeich<br />
nen könnte: Eine durch eine gemeinsame phänomenale Eigenschaft gebün<br />
delte Klasse innerer Zustände.<br />
„Eingebettetsein in ein <strong>Selbstmodell</strong>“ ist eine relationale Eigenschaft<br />
mentaler Modelle, deshalb habe ich den durch diese Eigenschaft erzeugten<br />
phänomenalen Aspekt von <strong>Subjekt</strong>ivität im ersten Kapitel auch als relatio<br />
nale <strong>Subjekt</strong>ivität bezeichnet. Einbettungsrelationen zwischen mentalen<br />
Modellen <strong>und</strong> die durch sie instantiierten psychologischen Eigenschaften<br />
sind ein weites Feld für zukünftige Analysen. 32 Zum Beispiel ist auch das<br />
<strong>Selbstmodell</strong> in eine höherstufige repräsentationale Struktur integriert,<br />
nämlichindasRealitätsmodell des Systems vielleicht könnte man die<br />
phänomenale Qualität, die dieser Umstand unserer inneren Seinsverfas<br />
sung in Standardsituationen verleiht, als In der Welt Sein bezeichnen.<br />
Auch mentale Präsentate werden oft in mentale Modelle eingeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
verleihen diesen durch den Signalaspekt die Qualität der Konkretheit <strong>und</strong><br />
Präsenz, die mentale Simulate meist nicht besitzen. Es ließen sich viele<br />
Beispiele für mit spezifischen repräsentationalen Einbettungsrelationen<br />
korrelierende phänomenale Eigenschaften finden. Dies jedoch ist hier nicht<br />
mein Ziel.<br />
„Eingebettetsein in ein <strong>Selbstmodell</strong>“ ist eine Eigenschaft, die in patho<br />
logischen Situationen verlorengehen oder den falschen mentalen Modellen<br />
vom System verliehen werden kann. In Abschnitt 3.2.2 habe ich einige<br />
solcher Fälle diskutiert, um die Tatsache zu illustrieren, wie stark die In<br />
stantiierung der fraglichen Eigenschaften auf der Ebene des Selbsterlebens<br />
durch Faktoren auf tieferliegenden Beschreibungsebenen determiniert<br />
wird. Wenn alle repräsentationalen Eigenschaften eines Systems feststehen,<br />
32 Im Personen Kapitel von Strawsons „Individuals“ wird die logische Beziehung zwischen<br />
dem <strong>Subjekt</strong> <strong>und</strong> den ihm zugeschriebenen Bewußtseinszuständen (die ich hier mit einer<br />
repräsentationalen Einbettungsbeziehung zwischen mentalen Modellen zu verknüpfen suche)<br />
auch als Besitzbeziehung diskutiert: Was ist der korrekte Sinn, indem man sagen kann, daß ein<br />
Erlebnissubjekt seine Bewußtseinszustände besitzt? Vgl. Strawson 1972 (1958): 111ff. Interes<br />
sant ist in diesem Zusammenhang vielleicht eine phänomenologische Beobachtung, die man<br />
bei manchen Psychosen machen kann nämlich solchen geistigen Erkrankungen, die früher<br />
<strong>und</strong> leider in seltenen Fällen auch heute noch als Fälle von „Besessenheit“ interpretiert<br />
wurden: Ein konstruiertes mentales Modell einer fiktiven Person versklavt das ursprüngliche<br />
<strong>Selbstmodell</strong> <strong>und</strong> führt auf der phänomenalen Ebene eine Umkehrung der Besitzrelation<br />
herbei.AuchindengegenEndedesdrittenKapitelsgeschildertenMultiple Personality Disor<br />
ders (vgl. Abschnitt 3.2.2) scheint es eine „Konkurrenz“ oder einen „Wettlauf“ um die Reali<br />
sierung der fraglichen Besitz oder Einbettungsbeziehung zu geben.