23.10.2012 Aufrufe

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Vom <strong>Subjekt</strong> zum <strong>Selbstmodell</strong>: Perspektivität ohne Ego 263<br />

P5: Ist das Auftreten von Qualia an eine subjektive Erlebnisper<br />

spektive oder an bestimmte Klassen von Bewußtseinszuständen ge<br />

b<strong>und</strong>en? Kann es nicht subjektzentrierte Qualia geben?<br />

Kann es Systeme geben, die mentale Präsentate aktivieren, ohne gleichzei<br />

tig ein <strong>Selbstmodell</strong> zu erzeugen? Nach der im zweiten Kapitel skizzierten<br />

Theorie ist es durchaus möglich, daß es Systeme gibt, die keine Selbstmo<br />

dellgeneratoren sind <strong>und</strong> trotzdem ein großes Repertoire von funktionalen<br />

Zuständen besitzen, die die Rolle von Analog Indikatoren spielen (viel<br />

leicht sind eineganze Reihe von einfachen Biosystemen auf unserem Plane<br />

ten dieser Kategorie zuzuordnen). In einem solchen System könnte es phä<br />

nomenale Qualitäten vom Typ „Schmerzen“ geben, ohne daß die durch sie<br />

begleiteten Zustände subjektive Schmerzen wären: Solche Zustände wären<br />

niemandes Schmerzen. Repräsentational sind solche Zustände auf jeden<br />

Fall denkbar. Ebenso wie die unbewußten Farbwahrnehmungen von Blind<br />

sichtpatienten, die ich bereits mehrfach erwähnt habe, kollidiert die Mög<br />

lichkeit der Existenz solcher Zustände frontal mit den Intuitionen der<br />

meisten Menschen. Das liegt daran, daß wir uns Schmerzen oder Lusterleb<br />

nisse, die niemandes Schmerzen oder Lusterlebnisse sind, nicht vorstellen<br />

können: Wir können solche Zustände nicht mental simulieren, weil unsere<br />

Form phänomenalen Bewußtseins automatisch mit der Aktivierung eines<br />

sehr komplexen <strong>und</strong> stabilen <strong>Selbstmodell</strong>s einhergeht. Für das Auftreten<br />

bewußter Qualia sind aber nur Metarepräsentation <strong>und</strong> Präsentation erfor<br />

derlich. Aus diesem Gr<strong>und</strong> sind nicht subjektzentrierte Qualia in einem<br />

psychologischen Sinn für uns <strong>und</strong>enkbar, wir sind Wesen, die solche einfa<br />

chen Formen des Bewußtseins nicht mehr absichtlich in sich erzeugen<br />

können. Natürlich kann man auf begrifflicher Ebene anthropozentrisch<br />

dafür argumentieren, daß nicht an ein phänomenales Selbst geb<strong>und</strong>ene<br />

mentale Zustände <strong>Subjekt</strong>ivität nur in einem deprivierten <strong>und</strong> beschränk<br />

ten Sinne instantiieren. Auf Saul Kripkes Argument gegen die Identitäts<br />

theorie werde ich weiter unten noch einmal zurückkommen.<br />

P6: Kann es Bewußtsein ohne qualitativen Gehalt geben?<br />

Auch hier fällt es schwer, sich entsprechende Zustände vorzustellen: Be<br />

wußtseinszustände, die zwar meine sind, aber keine Form phänomenalen<br />

Gehalts besitzen. Man könnte an Mathematiker im Mathematikerhimmel<br />

denken, die ein subjektives Bewußtsein besitzen, dessen Inhalte ausschließ<br />

lich Abstrakta sind Formen mentalen Gehalts, die die eigentümliche<br />

Konkretheit nicht besitzen, die in unserer Bewußtseinsform durch sensori<br />

sche <strong>und</strong> emotionale Qualitäten erzeugt wird. Ganz allgemein wird man<br />

sagen müssen: Qualiafreie Bewußtseinszustände könnten von Systemen<br />

generiert werden, die Sinneswahrnehmungen <strong>und</strong> die interne Modellierung<br />

ihrer Interessenlage durch ganz andere funktionale Zustände organisiert

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!