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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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260<br />

5. Kapitel<br />

LS 4: Kann die Individuierung mentaler Zustände über intrinsi<br />

sche, nicht relationale Eigenschaften wie ihren qualitativen Gehalt<br />

im Rahmen einer wissenschaftlichen Psychologie aufgegeben wer<br />

den?<br />

Die „intrinsischen“ <strong>und</strong> „nicht relationalen“ Eigenschaften, anhand derer<br />

das Gehirn einzelne seiner präsentationalen Zustände herausgreift, sind<br />

aller Wahrscheinlichkeit nach variabel. Wenn die zugr<strong>und</strong>eliegende Infor<br />

mationsverarbeitung massiv parallel ist, dann kann man auch davon ausge<br />

hen, daß die durch sie erzeugten Aktivierungszustände <strong>und</strong> Datenstruk<br />

turen niemals genau dieselben, also keine „repräsentationalen Atome“<br />

sind. Dafür spricht auch die phänomenale Plastizität von Qualia: Unser<br />

Vermögen, Gerüche, Klänge oder Farben zu unterscheiden, variiert inter<br />

<strong>und</strong> intraindividuell stark man kann es sogar in nicht unbeträchtlichem<br />

Umfang trainieren. Das heißt: Die entsprechenden Formate sind ebenfalls<br />

plastisch. Es ist wohl eher unwahrscheinlich, daß die theoretische Taxono<br />

mie einer möglichen zukünftigen wissenschaftlichen Beschreibung menta<br />

ler Präsentate sich ohne weiteres auf die (unscharfe) metarepräsentationale<br />

Taxonomie dieser Zustände abbilden läßt, die das Gehirn erzeugt <strong>und</strong> auf<br />

die wir dann in externen Codes als „Qualia“ Bezug nehmen.<br />

Deshalb muß die traditionelle Weise der Individuierung mancher menta<br />

ler Zustände über ihren qualitativen Gehalt früher oder später zugunsten<br />

anderer Merkmale aufgegeben werden. Wenn dies geschieht, wird es sich<br />

letztlich auch in unserer Alltagspsychologie niederschlagen. Zur Entschei<br />

dung über die „erkenntnistheoretische Autorität“ des introspizierenden<br />

<strong>Subjekt</strong>s <strong>und</strong> der mit ihm konkurrierenden wissenschaftlichen Theorien<br />

wird man den Erfolg bei der Voraussage kausaler Konsequenzen des Auf<br />

tretens bestimmter mentaler Ereignisse heranziehen: Wenn die Wissen<br />

schaft das funktionale Profil der fraglichen inneren Zustände signifikant<br />

besser beschreiben kann, dann wird sich ganz von selbst schließlich auch<br />

unsere lebensweltliche Taxonomie dieser Zustände ändern wir werden<br />

auch im Alltag anders über subjektive Erlebnisqualitäten sprechen.<br />

Sogar wenn man der folk psychology den Status einer Theorie zubilligt,<br />

bleibt allerdings fraglich, ob es sinnvoll ist, hier überhaupt von einem<br />

intertheoretischen Konkurrenzverhältnis zu sprechen. Individuelle Ge<br />

hirne <strong>und</strong> Wissenschaftlergemeinschaften sind sehr verschiedene Reprä<br />

sentationssysteme, die Information auf sehr unterschiedliche Weise <strong>und</strong> in<br />

der Verfolgung sehr unterschiedlicher Interessen verarbeiten. Gerade weil<br />

die Interessen beider Systemtypen divergieren, ist es auch fragwürdig, die<br />

eben angesprochene Abbildung von einem der beiden Systeme im Sinne<br />

einer epistemischen Rechtfertigung zu fordern.<br />

E8: Können introspektive Berichte über innere Eigenschaften in<br />

Konkurrenz treten mit Aussagen einer wissenschaftlichen Psycholo<br />

gie?

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