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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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26<br />

1. Kapitel<br />

geht, <strong>und</strong> verwickelt uns in Schwierigkeiten bei der Formulierung von<br />

psychophysischen Gesetzen.<br />

Psychologische <strong>Subjekt</strong>ivität entsteht dadurch, daß zum intentionalen<br />

Gehalt mentaler Repräsentate eine Relation hinzutritt. Die physische Rea<br />

lisierung dieser Relation erst macht interne Repräsentationsprozesse in<br />

informationsverarbeitenden Systemen zu subjektgeb<strong>und</strong>enen: Auseinem<br />

Beinschmerz wird ein Schmerz in meinem Bein; aus einer propositional<br />

repräsentierten positiven Wahrscheinlichkeitsaussage wird mein Glauben,<br />

daß p; aus einer repräsentational isolierten Verlustangst wird meine Eifer<br />

sucht <strong>und</strong> so weiter. Was uns also an dieser Stelle interessieren muß, ist das<br />

zweite Relatum der <strong>Subjekt</strong>beziehung. Um <strong>Subjekt</strong>ivität als ein psychi<br />

sches Phänomen verstehen zu können, brauchen wir folglich eine naturali<br />

stische Theorie des Ich. Eine naturalistische Theorie wird sich dadurch<br />

auszeichnen, daß mit ihr ein Erkenntnisfortschritt möglich ist: Die Inner<br />

lichkeit unserer Innenperspektive werden wir nur dann besser verstehen,<br />

wenn wir es mit Hilfe empirisch gehaltvoller <strong>und</strong> deshalb auch falsifizierba<br />

rer Theorien tun. Es mag durchaus sein, daß <strong>Subjekt</strong>ivität <strong>und</strong> Selbstbe<br />

wußtsein die großen Rätsel bleiben, an denen das wissenschaftliche Er<br />

kenntnisideal zunichte wird, transzendentale Mysterien, die den mit ihm<br />

verknüpften monistischen Optimismus endgültig scheitern lassen. Ande<br />

rerseits ist es offensichtlich, daß spekulativ idealistische Ansätze obsolet<br />

geworden sind, weil sie eben jenen Erkenntnisfortschritt nicht produzieren<br />

können. Was wir benötigen, ist eine naturalistische Theorie des Selbst, die<br />

uns überzeugend erklärt, wie von unserem Gehirn erzeugte innere Reprä<br />

sentate von Teilen der Welt zu unseren mentalen Erlebnissen werden kön<br />

nen, ohne dabei mit empirischen Fakten aus den Kognitions <strong>und</strong> Neuro<br />

wissenschaften zu kollidieren.<br />

An den ethischen Aspekten einer <strong>Subjekt</strong>ivitätstheorie kann man die<br />

Bedeutung der <strong>Subjekt</strong>zentriertheit des Mentalen weiter verdeutlichen. Die<br />

Tatsache, daß in einem gegebenen biologischen System (z. B. einem im<br />

Netz zappelnden Fisch) interne Zustände auftreten können, die denselben<br />

kausalen Gehalt (also einen analogen Einfluß auf das behaviorale Profil des<br />

Fischs) <strong>und</strong> denselben repräsentationalen Gehalt haben wie entsprechende<br />

Typen von mentalen Zuständen zum Beispiel: „Angst“, „Panik“, „Ver<br />

zweiflung“ beim Menschen, qualifiziert es nämlich noch nicht automa<br />

tisch als moralisches Objekt, als Gegenstand moralischen Handelns. Erst<br />

wenn diese Zustände auch seine sind, wenn sie im phänomenalen Modus<br />

der „Meinigkeit“ die innere Bühne betreten, werden sie relevant für Frage<br />

stellungen wie die der moralischen Intersubjektivität.<br />

Phänomenale „Meinigkeit“ scheint eine Schlüsselrolle für das Problem<br />

der <strong>Subjekt</strong>ivität des Mentalen einzunehmen, da diese Eigenschaft aufs<br />

engste verknüpft ist mit dem Erlebnischarakter innerer Zustände. Viel<br />

leicht kann man diese Eigenschaft durch eine Relation zwischen unter<br />

schiedlichen Typen von mentalen Repräsentaten erklären. Gelänge dies<br />

auch für das Phänomen der <strong>Subjekt</strong>ivität als Ganzem, dann könnte man<br />

auf begrifflicher Ebene von dem gelungenen Projekt einer Reduktion von

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