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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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256<br />

5. Kapitel<br />

dellierendes System aktiviert vorübergehend in einem Teilbereich seines<br />

inneren Simulationsraums das mentale Modell einer Person, diegenau jene<br />

Eigenschaften besitzt, die vorher im Modus der <strong>Selbstmodell</strong>ierung intern<br />

dargestellt wurden. Nach einiger Zeit beendet es diese mentale Simulation<br />

<strong>und</strong> bindet das in ihr entstandene Modell wieder in das <strong>Selbstmodell</strong> ein.<br />

Und auch hier gilt: Es gibt nur ein einziges System, das auf diesen Vorgang<br />

unter der Hinsicht der Internalität Bezug nehmen kann.<br />

Theoretisch könnte auf die eben angesprochene Weise vielleicht ein rei<br />

nes Ich entstehen, gewissermaßen die pure <strong>Selbstmodell</strong>ierungsfunktion<br />

ohne jeden repräsentationalen Gehalt. Aber solange ich mich noch an den<br />

Blick von nirgendwo erinnern kann, war es auch mein Blick von nirgendwo<br />

also letztlich nur ein subjektives Erlebnis <strong>und</strong> keine Berührung der trans<br />

zendentalen Ebene. Wenn ich vollständig in die außerweltliche Leere eines<br />

objective self abgeglitten wäre, könnte ich auch nicht mehr den selbst<br />

lokalisierenden philosophical thought („Ich bin TM“) denken 21 , der mich<br />

zurückholt in die partikulare Perspektive der historischen Person Thomas<br />

<strong>Metzinger</strong>.<br />

LS 8: Was drückt der „philosophische Gedanke“ aus? Was heißt:<br />

„Dieses denkende <strong>Subjekt</strong> betrachtet die Welt durch die Person<br />

TN“? Kann man sinnvollerweise davon sprechen, daß das <strong>Subjekt</strong><br />

die öffentliche Person als Erkenntnisinstrument einsetzt?<br />

Das, was Thomas Nagel als das „objektive Selbst“ bezeichnet, ist die Ver<br />

dinglichung eines Prozesses, der sich auf der Ebene mentaler Repräsenta<br />

tion ereignet. Dieser Prozeß erzeugt innerhalb eines perspektivischen Re<br />

präsentationsraums (innerhalb des subjektiven Bewußtseins einer Person,<br />

die mit dem Blick von nirgendwo experimentiert) ein aperspektivisches<br />

21 Daß wir aus Zuständen ohne die Instantiierung psychologischer Eigenschaften (zum<br />

Beispiel Tiefschlaf oder Koma) als phänomenale <strong>Subjekt</strong>e wieder auftauchen können, ist ein<br />

starkes Argument gegen strikt intramentale Ursachenketten, wenn man für sie das „Prinzip<br />

der zeitlichen Nachbarschaft“ von Ursache <strong>und</strong> Wirkung voraussetzt. Die Episodizität unse<br />

res Mentallebens deutet auf seine Supervenienz gegenüber dem Physikalischen hin. Das<br />

Problem der intramentalen Kausalität war interessanterweise sogar schon für die frühbuddhi<br />

stische Philosophie des Geistes von zentraler Bedeutung, denn es gab eine ausgedehnte Dis<br />

kussion zwischen den philosophischen Traditionen des Theravada, des Vaibhasika <strong>und</strong> des<br />

Yogacara. Thema dieser Debatte war ein Bewußtseinzustand, der von großer soteriologischer<br />

Bedeutung war <strong>und</strong> den wir aus der Perspektive westlicher Taxonomien vielleicht als „katalep<br />

tische Trance“ bezeichnen würden: Das „Erreichen des Erlöschens“ („the attainment of cess<br />

ation“). Es ist ein Zustand, in dem keinerlei mentale Ereignisse stattfinden. Personen, die sich<br />

in diesem Zustand befinden, haben prima facie keine psychologischen Eigenschaften. Das<br />

wirft natürlich die Frage auf, inwieweit sie überhaupt noch Personen sind bzw. aus heutiger<br />

Perspektive was es genau heißt, daß ein informationsverarbeitendes System seine Psycholo<br />

gie vorübergehend völlig verliert. Eine gute Darstellung der frühbuddhistischen Debatte, die<br />

sich bereits auf einem recht hohen analytischen Niveau bewegt, <strong>und</strong> ihrer Beziehung zum<br />

Leib Seele Problem gibt Griffiths 1986. Vgl. auch Oetke 1988.

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