Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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254<br />
5. Kapitel<br />
offensichtlichen Wahrheitsbedingungen von Sätzen wie „Ich bin TM“ be<br />
stehen, wir erinnern uns, in einer Anzahl von Wahrheiten über die histori<br />
sche Person des Sprechers <strong>und</strong> in einem simplen Kontext der Äußerung:<br />
„Ich bin TM“ ist nämlich genau dann wahr, wenn er von TM geäußert<br />
wird. 16 Er kann nicht substituiert werden durch eine Dritte Person Aussa<br />
ge, aber die seine Wahrheitsbedingungen ausmachenden Fakten können<br />
alle ausgedrückt werden durch solche Aussagen. Nagel sagt nun, daß die<br />
fraglichen Sätze gewissermaßen einen „doppelten Set von Wahrheitsbedin<br />
gungen“ besitzen, weil sie eine nicht triviale Wahrheit ausdrücken, die mit<br />
einem irreduziblen <strong>und</strong> perspektivischen Erste Person Faktum zusammen<br />
hängt.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> der im zweiten Kapitel skizzierten Theorie menta<br />
ler Repräsentation <strong>und</strong> der im dritten Kapitel vorgeschlagenen Selbstmo<br />
dell Theorie psychologischer <strong>Subjekt</strong>ivität kann man nun eine Interpreta<br />
tion der von Nagel vorgeschlagenen „zweiten Lesart“ solcher Sätze<br />
anbieten. Wenn solche Sätze in einem monologisierenden Kontext geäußert<br />
werden 17 , dann dienen sie einer innerpsychischen Orientierung des <strong>Subjekt</strong>s.<br />
Genauer gesagt: Sie indizieren ein spezielles phänomenales Ereignis, das als<br />
repräsentationales Ereignis beschrieben werden kann. Diese Sätze beziehen<br />
sich in solchen Fällen nämlich auf zwei mentale Modelle, von denen das<br />
eine in das andere eingebettet wird. „Ich“ bezieht sich in Fällen monologi<br />
sierender Selbstbezugnahme auf das aktuelle mentale <strong>Selbstmodell</strong> der<br />
betreffenden Person. 18 „TM“ bezieht sich auf das mentale Modell der ob<br />
jektiven <strong>und</strong> öffentlichen Eigenschaften (in diesem Fall von Thomas Met<br />
zinger). Wie ein <strong>Selbstmodell</strong> entsteht habe ich im vergangenen Kapitel<br />
erläutert. Das mentale Modell von Thomas <strong>Metzinger</strong> aus der „inneren<br />
Außenperspektive“ wird dagegen durch den View from Nowhere erzeugt:<br />
Indem wir Nagels Anweisungen für einen ganz bestimmten Typ von menta<br />
ler Simulation befolgen, immer größere Partitionen des <strong>Selbstmodell</strong>s ent<br />
leeren <strong>und</strong> in das mentale Modell einer „TM“ genannten Person überfüh<br />
ren, geschieht das, was ich im ersten Kapitel als die Verobjektivierung aller<br />
denkbaren subjektiven Beschreibungen meiner selbst, als das Hinausschie<br />
ben ihres Gehalts aus dem Ich in eine Totalansicht der Welt sub specie<br />
aeternitatis paraphrasiert habe. Man darf hier nicht übersehen, daß es sich<br />
lediglich um eine mentale Simulation (eine „repräsentationale Verobjekti<br />
vierung“), also um ein absichtlich durchgeführtes Gedankenexperiment<br />
handelt <strong>und</strong> nicht um die Erzeugung des analogen repräsentationalen Ge<br />
samtzustandes dies käme dem Eintritt in ein mystisches Erlebnis<br />
gleich.<br />
16 Vgl. Abschnitt 3.2.2<br />
17 Oder wenn ihre Äußerung durch das Denken eines philosophical thought mental simu<br />
liert wird.<br />
18 Das System kann sich auf nichts anderes als auf sein <strong>Selbstmodell</strong> beziehen, weil dies in<br />
den zugr<strong>und</strong>egelegten Situationen die einzige Art ist, in der es sich selbst gegeben ist. In<br />
monologischen Situationen ist „Ich“ ein Indikator, mit dem ein System sich selbst auf den<br />
Gehalt des jetzt aktiven <strong>Selbstmodell</strong>s hinweist.