Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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5. Kapitel<br />
matisch in das <strong>Selbstmodell</strong> eingeb<strong>und</strong>en. Dadurch entsteht auf der phäno<br />
menalen Ebene das subjektive Erlebnis „Ich selbst denke gerade, daß ich<br />
etwas verwirrt bin“. Propositionale Einstellungen sind der hier vertretenen<br />
Auffassung zufolge in das <strong>Selbstmodell</strong> eingebettete mentale Modelle von<br />
propositionalen Repräsentaten. Das subjektive Erlebnis der inneren Pro<br />
duktion von Gedanken im klassischen „assertorischen“ Sinn entsteht,<br />
wenn die entsprechenden Partitionen des <strong>Selbstmodell</strong>s aktiv sind <strong>und</strong><br />
durch Metarepräsentation noch einmal abgebildet werden.<br />
c) Mentale <strong>Selbstmodell</strong>ierung ist der einfachste Fall nämlich die im<br />
Wachzustand automatisch ablaufende multimodale Selbstrepräsentation<br />
des Systems, so wie ich sie im dritten Kapitel beschrieben habe. Hier<br />
handelt es sich ebenso wie im Fall b) nicht um Selbstreferenz: Mentale<br />
Modelle referieren nicht, sie simulieren. Die mentalen Modelle des Systems<br />
als Ganzem oder der von ihm initiierten Sprechakte ähneln ihren Gegen<br />
ständen, aber sie erzeugen nicht Wahrheit <strong>und</strong> Falschheit im Sinne wissen<br />
schaftlicher Theorien. Die durch <strong>Selbstmodell</strong>ierung erzeugte Perspektivi<br />
tät des inneren Erlebnisraums ist der Kernaspekt derjenigen psychologi<br />
schen Eigenschaft, die wir üblicherweise als „<strong>Subjekt</strong>ivität“ zu bezeichnen<br />
pflegen. Werfen wir jedoch zunächst noch einen Blick auf die erkenntnis<br />
theoretische Struktur interner <strong>und</strong> externer Selbstrepräsentation.<br />
E2: Was ist der erkenntnistheoretische Status des psychologischen<br />
<strong>Subjekt</strong>s? Impliziert die Inkorrigibilität von Selbstzuschreibungen<br />
psychologischer Eigenschaften ihre Infallibilität?<br />
Die Eigenschaften des psychologischen <strong>Subjekt</strong>s sind die Eigenschaften<br />
einer bestimmten Partition des <strong>Selbstmodell</strong>s. Interne <strong>Selbstmodell</strong>ierung<br />
ist aber letztlich eine Aktivität, die man dem System als Ganzem zuschrei<br />
ben muß. Das gilt auch für die Selbstzuschreibung psychologischer Eigen<br />
schaften in externen Codes, weil die zugr<strong>und</strong>eliegenden physikalischen<br />
Datenstrukturen vom System als Ganzem produziert werden <strong>und</strong> nicht<br />
vom psychologischen <strong>Subjekt</strong> oder vom <strong>Selbstmodell</strong> (als einem über sei<br />
nen Gehalt individuierten physischen Teil des Systems). Infallibilität im<br />
wissenschaftstheoretischen Sinne 8 besitzen Aussagen über die Eigenschaf<br />
ten von <strong>Selbstmodell</strong>en deshalb nicht, weil <strong>Selbstmodell</strong>e prinzipiell öffent<br />
lich zugängliche Entitäten sind. Das heißt, daß die Analyse eines Selbstmo<br />
dells zum Beispiel als einer physikalisch realisierten, aktiven Datenstruk<br />
tur in einem biologischen Gehirn prinzipiell von einem Neurowissen<br />
schaftler der Zukunft erfolgreicher durchgeführt werden könnte als von<br />
dem jeweiligen System selbst, das durch interne Metarepräsentation einen<br />
Teil seines aktiven <strong>Selbstmodell</strong>s zu Bewußtseinsinhalten macht. Die Tat<br />
sache allein, daß diese Form der Darstellung des <strong>Selbstmodell</strong>s eine interne<br />
ist <strong>und</strong> das sie von dem fraglichen System selbst durchgeführt wird, verleiht<br />
8 Vgl. Peirce 1893, Albert 1968, Popper 1934b.