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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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246<br />

5. Kapitel<br />

Zustände in sich erzeugen. Alle diese Zustände besitzen physikalische Be<br />

schreibungen. Die für Verhaltenserklärungen <strong>und</strong> die Zuschreibung psy<br />

chologischer Eigenschaften interessanten Charakteristika dieser intern er<br />

zeugten Systemzustände erfassen wir aber auf wesentlich abstrakteren, das<br />

heißt höher angesiedelten Beschreibungsebenen. Das tun wir, indem wir sie<br />

über ihre kausale Rolle in der globalen Ökonomie des Systems individu<br />

ieren oder ihnen intentionalen <strong>und</strong> phänomenalen Gehalt zuschreiben. Die<br />

Rückbindung dieser abstrakteren Beschreibungssysteme an die sich aus<br />

empirischen Erkenntnissen ergebende, in ständigem Fluß befindliche wis<br />

senschaftliche Taxonomie mentaler Zustände einerseits <strong>und</strong> an unsere<br />

christlich cartesianisch geprägte Alltagsphänomenologie andererseits er<br />

zeugt die bekannten begrifflichen Dissonanzen <strong>und</strong> philosophischen Pro<br />

bleme.<br />

Ich werde nun zu zeigen versuchen, welche Antworten man vor dem<br />

Hintergr<strong>und</strong> einer naturalistischen Theorie mentaler Repräsentation auf<br />

die eingangs formulierten Fragen geben kann. Da der zugr<strong>und</strong>egelegte be<br />

griffliche Rahmen der mentalen Modellierung bewußt plastisch angelegt<br />

ist, also offen für zukünftige Erweiterungen, semantische Anreicherungen<br />

<strong>und</strong> Eliminationen sein soll, sind alle diese Antworten vorläufige Antwor<br />

ten: Der Leser sollte sie nicht als Endstationen <strong>und</strong> fixe Positionen betrach<br />

ten, sondern eher als Türen. Hinter diesen Türen liegen neue Räume post<br />

metaphysischer Selbsterkenntnis, die uns sowohl mit einem neuen Ver<br />

ständnis unserer selbst als geistigen Wesen als auch mit einer Vielzahl neuer<br />

Probleme konfrontieren werden.<br />

Die erste Gruppe von Problemen besteht nicht aus theoretischen, son<br />

dern aus intuitiven Problemen: Das eben skizzierte Bild vom Gehirn als<br />

totalem Flugsimulator, der unter anderem auch uns selbst erzeugt, kolli<br />

diert frontal mit unserem Selbsterleben. Selbst wenn wir SMT, die<br />

<strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität, für akzeptabel halten, können wir<br />

eigentlich nicht wirklich glauben, daß wir als phänomenale Wesen die von<br />

„unseren“ Gehirnen aktivierten <strong>Selbstmodell</strong>e sind.<br />

P1: Wie entstehen cartesianische Intuitionen wie z. B. die Kon<br />

tingenz Intuition, die Unteilbarkeits Intuition, das Gefühl der di<br />

rekten Gegebenheit mentaler Inhalte?<br />

Unsere Intuitionen sind eine direkte Widerspiegelung von „impliziten An<br />

nahmen“ über das Wesen der Wirklichkeit, die in unserem mentalen Reali<br />

tätsmodell kodiert sind. Diese „impliziten Annahmen“ sind jedoch keine<br />

verborgenen satzartigen Strukturen, die den Gehalt unserer bewußten kog<br />

nitiven Operationen beeinflussen, sondern letztlich Eigenschaften der<br />

funktionalen Architektur unseres Nervensystems. Diese funktionale Archi<br />

tektur ist das Resultat eines erbarmungslosen, Millionen Jahre andauern<br />

den biologischen Optimierungsvorganges. Die funktionale Adäquatheit<br />

innerer Operationen relativ zu einer gegebenen Umwelt allein stellt aber

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