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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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5. Kapitel<br />

lernen <strong>und</strong> gefahrlos die wichtigsten Gr<strong>und</strong>operationen einüben, deren<br />

Beherrschung für einen guten Piloten unerläßlich ist.<br />

Menschliche Gehirne funktionieren auf sehr ähnliche Weise. Aus gespei<br />

cherten Informationen <strong>und</strong> dem ständigen Input, den ihnen die Sinnesor<br />

gane liefern, konstruieren sie ein internes Modell der äußeren Wirklichkeit.<br />

Dieses Modell ist ein Echtzeit Modell: Es wird mit so hoher Geschwindig<br />

keit <strong>und</strong> Effektivität aktualisiert, daß wir es im allgemeinen nicht mehr als<br />

ein Modell erleben. Die phänomenale Wirklichkeit ist für uns kein von<br />

einem Gehirn erzeugter Simulationsraum, sondern auf sehr direkte <strong>und</strong><br />

erlebnismäßig unhintergehbare Weise schlicht die Welt, in der wir leben.<br />

Einen Flugsimulator dagegen erkennen wir auch dann, wenn wir als Flug<br />

schüler gerade konzentriert mit ihm arbeiten, immer noch als Flugsimula<br />

tor wir glauben niemals, daß wir wirklich fliegen. Das liegt daran, daß das<br />

Gehirn uns ein wesentlich besseres Modell der Welt liefert als der Compu<br />

ter, der den Flugsimulator ansteuert. Die Bilder, die unser visueller Cortex<br />

erzeugt, sind wesentlich schneller, zuverlässiger <strong>und</strong> besitzen eine viel hö<br />

here Auflösung <strong>und</strong> einen größeren Detailreichtum als die Bilder auf dem<br />

Monitor des Übungssimulators. Darum erkennen wir die Bilder auf dem<br />

Monitor auch jederzeit als Bilder, weil wir einen wesentlich höheren reprä<br />

sentationalen Standard besitzen, mit dem wir sie vergleichen können.<br />

Wenn die Teleskopfüße die Kabine, in der der Flugschüler seine Übungs<br />

st<strong>und</strong>e absolviert, rütteln oder stoßen, um das Durchfliegen von „Luftlö<br />

chern“ oder die Konsequenzen ungeschickter Steuermanöver zu simulie<br />

ren, dann werden auch diese Rüttel <strong>und</strong> Stoßbewegungen uns nicht<br />

wirklich täuschen können. Denn die auf unseren propriozeptiven <strong>und</strong> ki<br />

nästhetischen Körperwahrnehmungen beruhenden mentalen Modelle un<br />

serer eigenen Körperbewegungen sind viel detailreicher <strong>und</strong> überzeugen<br />

der, als die von einem Rechner erzeugten Simulationen von Bewegungen<br />

des Flugzeugs es jemals sein könnten.<br />

Unser Gehirn unterscheidet sich aber von einem Flugsimulator noch in<br />

vielen anderen Punkten. Es verfügt über wesentlich mehr Modalitäten:Das<br />

Sehen, die akustische Wahrnehmung, den Geruchs <strong>und</strong> Geschmackssinn,<br />

denTastsinn<strong>und</strong>die„Eigenwahrnehmung“desKörpers.EsistinderLage,<br />

die aus diesen verschiedenen Modalitäten stammende Information bruch<br />

los zu einem einheitlichen Modell der Wirklichkeit zu verschmelzen (eine<br />

Aufgabe, die auch im Flugsimulator noch dem Gehirn des Probanden<br />

überlassen bleibt). Es arbeitet zudem wesentlich schneller. Die von ihm<br />

erzeugten multimodalen Bilder der Wirklichkeit sind zuverlässiger <strong>und</strong><br />

detailreicher als die künstlichen Bilder, die wir heutzutage kennen eine<br />

Situation die sich recht bald ändern wird. 1 Außerdem sind Gehirne im<br />

1 Es gibt mittlerweile interaktive Systeme, die wesentlich umfassendere virtuelle Realitäten<br />

erzeugen als Flugsimulatoren. Diese virtuellen Realitäten enthalten bereits ein dreidimensio<br />

nales visuelles Modell der simulierten Welt <strong>und</strong> auch schon rudimentäre <strong>Selbstmodell</strong>e (deren<br />

Input durch einen von der Versuchsperson getragenen Datenhandschuh oder overall erzeugt<br />

wird). Diese rudimentären virtuellen Selbste (deren „programmiertechnischer Urahn“ der

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