Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Fledermäuse, objektive Selbste <strong>und</strong> die Irreduzibilität der Innenperspektive 239<br />
sehr direkter <strong>und</strong> konkreter Weise gegeben sind. Wenn es aber wirklich<br />
Aspekte unserer phänomenalen Realität gibt, die unaussprechlich sind,<br />
dann birgt eben jene Eigenschaft die Gefahr in sich, als Prämisse skeptische<br />
Argumente in die Nähe des Obskurantismus zu rücken.<br />
Wovon man nicht sprechen kann, damit kann man nämlich auch nicht<br />
für die prinzipielle Unvollständigkeit der wissenschaftlichen Kosmologie<br />
argumentieren. Wenn es Elemente unseres Innenlebens <strong>und</strong> unserer Sinnes<br />
erfahrung gibt, deren Gehalt sich der sprachlichen Beschreibung entzieht,<br />
dann kann man den Gehalt dieser Elemente auch nicht in wissenschaftliche<br />
oder philosophische Argumente einbringen, weil er ex hypothesi nicht theo<br />
riefähig ist. Will man unaussprechliche Erlebnisqualitäten als Waffe gegen<br />
monistisch reduktionistische Theorien des Mentalen einsetzen, dann benö<br />
tigt man die starke cartesianische Zusatzprämisse der vollständigen Selbst<br />
transparenz des Bewußtseins. Weiß ich in einem nicht trivalen, philoso<br />
phisch interessanten Sinn von „innerem Wissen“ überhaupt, wie es ist,<br />
ich selbst zu sein? Habe ich wirklich einen nicht sprachlichen epistemi<br />
schen Zugang zu inneren Phänomenen? Eine der zentralen Schwächen von<br />
Nagels Fledermaus Argument liegt in dem Umstand, daß es auf der starken<br />
Prämisse fußt, daß Introspektion <strong>und</strong> subjektives Erleben epistemische<br />
Vorgänge sind, durch die eine starke Art privaten Wissens geschaffen<br />
wird. 60 DieAnnahmedieserMöglichkeitführtfastzwangsläufigzueiner<br />
Postulierung nicht physikalischer, privater Objekte von Wissen <strong>und</strong> ver<br />
baut so jede Möglichkeit eines weiteren theoretischen Fortschritts.<br />
Die Stärke von Nagels Betonung des qualitativen Gehalts unserer inne<br />
ren Erfahrung liegt in ihrer direkten intuitiven Plausibilität <strong>und</strong> darin, daß<br />
sie phänomenales Bewußtsein als Thema reetabliert. Ihre Schwäche liegt in<br />
einem zu weit gefaßten bzw. ungeklärten, aber immer vorausgesetzten Be<br />
griff inneren Wissens. In der Verblüffung darüber, daß es hier einen Pro<br />
blemaspekt gibt, der resistent gegen jede Art physikalistischer oder funktio<br />
nalistischer Analyse zu sein scheint, kann man leicht übersehen, daß dieser<br />
Aspekt niemals wirklich genau beschrieben worden ist. Bevor Schmerzer<br />
lebnisse <strong>und</strong> Rotempfindungen zu Explananda zukünftiger Theorien des<br />
Geistes werden können, müssen wir besser verstehen, was an inneren Epi<br />
soden dieser Art es uns unmöglich macht, sie als das Zusammenwirken von<br />
Elementen einer tiefer liegenden Beschreibungsebene zu verstehen. Solange<br />
60 Das gilt auch für das „Knowledge Argument“ von Frank Jackson. Was ist das Verhältnis<br />
von sprachlichen <strong>und</strong> nicht sprachlichen Erkenntnisansprüchen in bezug auf subjektive Zu<br />
stände? Eine nominalistische Konzeption der inneren Erfahrunggerät in folgendes Trilemma:<br />
Wenn innere Erfahrung als epistemisches Phänomen immer propositional ist <strong>und</strong> es eine<br />
innere nicht propositionale Erfahrung von mentalen Zuständen gibt, dann kann dies keine<br />
Form von Wissen sein: Unser eigenes Bewußtsein ist opak. Wenn Erfahrung immer proposi<br />
tional ist <strong>und</strong> innere Erfahrung ein epistemisches Phänomen, dann muß die innere Erfahrung<br />
propositional sein. Wenn es dagegen eine innere, nicht propositionale Erfahrung gibt, die<br />
gleichzeitig ein epistemisches Phänomen darstellt, dann ist die nominalistische Konzeption<br />
von Erfahrung verfehlt. Eine gute Exposition dieses Problems gibt Peter Bieri in „Nominalis<br />
mus <strong>und</strong> innere Erfahrung“; vgl. Bieri 1982.