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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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Fledermäuse, objektive Selbste <strong>und</strong> die Irreduzibilität der Innenperspektive 231<br />

Wenn das wahr ist, dann muß es einen Typ von Faktum in der Welt<br />

geben, der das Referenzobjekt für den zweiten inhaltlichen Aspekt der<br />

fraglichen Identitätsaussagen darstellt (sie besäßen demnach einen „dop<br />

pelten Set von Wahrheitsbedingungen“). Dieser Typ von Tatsache könnte<br />

sich nicht in aus objektiven Aussagen bestehenden Beschreibungen der<br />

Welt wie sie die Wissenschaft liefert wiederfinden. Nagel behauptet also<br />

für die fraglichen Sätze eine doppelte Referenz. Er tut dies aber, ohne die<br />

logische Struktur der von ihm postulierten Tatsachen anzugeben. Man<br />

könnte jetzt die doppelte Referenz auch als eine doppelte Relation des<br />

<strong>Subjekt</strong>s zur Welt zu verstehen versuchen, der erste Ansatzpunkt einer<br />

Kritik wird trotzdem ein semantischer sein müssen.<br />

Die offensichtlichen Wahrheitsbedingungen des Satzes „Ich bin TM“<br />

bestehen in einer Anzahl von Wahrheiten über die historische Person des<br />

Sprechers <strong>und</strong> in einem simplen Kontext der Äußerung: „Ich bin TM“ ist<br />

nämlich genau dann wahr, wenn er von TM geäußert wird. 42 Er kann nicht<br />

substituiert werden durch eine Dritte Person Aussage, aber die seine Wahr<br />

heitsbedingungen ausmachenden Fakten können alle ausgedrückt werden<br />

durch solche Aussagen.<br />

Indexikalische Ausdrücke wie „Hier“, „Jetzt“ oder „Ich“ referieren auf<br />

einem bestimmten räumlichen, zeitlichen oder psychischen Standpunkt in<br />

der Welt, ohne daß der jeweilige Sprecher notwendigerweise auch ein Wis<br />

sen über seine jeweilige Position besitzt: Man kann sich darüber irren, wer<br />

man ist, <strong>und</strong> selbstverständlich kann man sich auch über seine räumliche<br />

oder zeitliche Position im Universum täuschen. Die Tatsache, daß wir uns<br />

darüber täuschen können, wer wir sind, ist philosophisch nicht uninteres<br />

sant. Denn ähnlich wie aus einer Totalbeschreibung des Universums durch<br />

eine an ihr Ende gekommene Physik nicht hervorginge, welcher Ort „hier“<br />

ist <strong>und</strong> welche Zeit „jetzt“ ist, schiene aus einer vollständigen psychologi<br />

schen Kosmologie für jeden einzelnen von uns nicht hervorzugehen, wel<br />

ches der vielen Systeme mit mentalen Zuständen ich bin. 43 Daß wir alle uns<br />

zum Beispiel während endogener Psychosen, unter Einfluß psychoaktiver<br />

Substanzen oder nach Amnesien darüber täuschen können, wer wir sind,<br />

zeigt, daß wir es in solchen Situationen mit einem gescheiterten Zugriff auf<br />

öffentliche Eigenschaften zu tun haben. Öffentliche Eigenschaften erzeugen<br />

42 Wenn TN unter dem Syndrom der multiplen Persönlichkeit (DID) leidet <strong>und</strong> eine seiner<br />

Subpersönlichkeiten den fraglichen Satz ausspricht, wodurch genau wird er dann falsch? Vgl.<br />

Abschnitt 3.2.2.<br />

43 In einer solchen „psychischen Landkarte“ der Welt würde das fehlen, was viele zum<br />

Beispiel an den Wänden von U Bahnhöfen fest installierte Stadtpläne von tragbaren (also in<br />

einer unendlichen Anzahl möglicher Situationen anwendbaren) Stadtplänen unterscheidet:<br />

ein kleiner roter Pfeil mit dem Hinweis „SIE SIND HIER“ (vgl. Abschnitt 5.1). Die Stärke<br />

wissenschaftlicher Theorien besteht darin, daß sie universelle <strong>und</strong> nicht zentrierte Repräsen<br />

tationssysteme sind, die die Interessen individueller Benutzer außer acht lassen. „The addition<br />

YOU ARE HERE to a map is, evidently, not the cartographer’s business, and such maps could<br />

not be sold at bookstores; similarly the addendum THIS IS YOU to a completed psycho physical<br />

account is not a proper part of the scientist’s concern.“ (Wilkes 1984: 241)

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