Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Fledermäuse, objektive Selbste <strong>und</strong> die Irreduzibilität der Innenperspektive 227<br />
Alltagsidiom abgesunkene cartesianische Intuitionen, sondern auch spezi<br />
fische Eigenschaften der Informationsverarbeitung in unseren Gehirnen.<br />
Das ist so, weil Intuitionen nicht nur im Zusammenhang öffentlicher<br />
Sprachpraxis <strong>und</strong> geistesgeschichtlicher Traditionen entstehen, sondern<br />
auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> der sehr speziellen evolutionsbiologischen Ent<br />
stehungsbedingungen des Informationsflusses im Gehirn.<br />
Festzuhalten bleibt, daß der Blick von nirgendwo eine notwendige Vorbe<br />
dingung für das Auftreten einer bestimmten Klasse von mentalen Ereignis<br />
sen ist. Ohne diese spezifischen mentalen Ereignisse ließe sich Nagels Pro<br />
blem der psychologischen <strong>Subjekt</strong>ivität nicht formulieren. Die mittel<br />
punktlose Abbildung der Welt ist die conditio sine qua non für das<br />
Entstehen des philosophischen Problems <strong>und</strong> Nagels Behandlung seines<br />
zweiten Aspekts Wie kann ich nichts weiter als eine partikulare Person<br />
sein? läßt die Bedeutung der nicht zentrierten internen Weltrepräsenta<br />
tion noch deutlicher werden.<br />
Es ergibt sich das folgende Bild: Meinem Wesen nach habe ich schlechterdings<br />
gar keine besondere Perspektive, sondern fasse die Welt azentrisch auf. Kontin<br />
genterweise schaue ich die Welt gewöhnlich aus einem bestimmten Blickwinkel<br />
an <strong>und</strong> benutze dabei die Augen, die Person, das Alltagsleben von TN als eine<br />
Art Fenster. Doch die Erlebnisse <strong>und</strong> die Perspektive von TN, die mir unmit<br />
telbar gegeben sind, machen nicht den Standpunkt des eigentlichenSelbst aus,<br />
da das eigentliche Selbst eben keine Perspektive hat, sondern TN <strong>und</strong> seine<br />
Perspektive in seiner Auffassung von einer zentrumlosen Welt als Inhalte die<br />
ser Welt miteinschließt. Dieser Aspekt des Selbst ist es, der gemeint ist, wenn<br />
ich die Welt als eine Gesamtheit denke <strong>und</strong> frage: „Wie kann TN ich sein? Wie<br />
kann ich TN sein?“; <strong>und</strong> dieser Aspekt ist es, dem der sich selbstlokalisierende philosophische Gedanke seinen eigentümlichen Gehalt verdankt. 36<br />
Das hier eingeführte objektive Selbst trägt starke metaphysische Züge: Es<br />
wird uns als das wahre Selbst vorgestellt <strong>und</strong> ist Gegenstand einer Wesens<br />
aussage, welche es als essentiell perspektivelos präsentiert. Eine naturalisti<br />
sche Theorie des Geistes wird also vorausgesetzt sie akzeptiert die zu<br />
gr<strong>und</strong>egelegte phänomenologischeAnalyseder inneren Situation erklären<br />
müssen, warum uns das objektive Selbst als das wahre Selbst erscheint <strong>und</strong><br />
warum wir den introspektiven Eindruck gewinnen, dieses Selbst könnte<br />
niemals ein anderes gewesen sein als ein perspektiveloses Selbst <strong>und</strong> sei<br />
darum logisch zu unterscheiden von allen anderen Formen erlebter psychi<br />
scher Identität. Nagel gibt zu, daß die alleinige Existenz derjenigen menta<br />
len Instanz, die er als das objektive Selbst bezeichnet, noch nicht die Zufäl<br />
ligkeit der Verbindung zwischen ihm qua objektives Selbst <strong>und</strong> der<br />
historischen Person TN beweist. Es zeigt jedoch so Nagel daß etwas<br />
Essentielles an uns nichts mit unserer Perspektive <strong>und</strong> Position in der Welt<br />
zu tun hat. 37<br />
36 Vgl. Nagel 1992 (1986): 109.<br />
37 Vgl. Nagel 1992 (1986): 109f.