23.10.2012 Aufrufe

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

226<br />

4. Kapitel<br />

wichtigsten philosophischen Instrumente <strong>und</strong> eines der gefährlichsten da<br />

zu, weil die Fähigkeit zur Imagination eine natürliche Fähigkeit mancher<br />

Biosysteme ist, die unter hochspezifischen Bedingungen zu hochspezifi<br />

schen Zwecken entwickelt worden ist. Wie bereits gesagt ist Imaginierbar<br />

keit durch menschliche Gehirne aber nicht dasselbe wie Analytizität, weil<br />

Imagination als kognitive Leistung betrachtet wahrscheinlich eine<br />

große Anzahl „impliziter Annahmen“ des Gehirns über das Wesen der<br />

Wirklichkeit reproduziert, die dem bewußten Erleben nicht zugänglich<br />

sind. Auf dem Gebiet der Philosophie des Geistes ist die Strategie des<br />

imaginativen Gedankenexperiments besonders problematisch, weil sich<br />

Imagination <strong>und</strong> Introspektion zu leicht nach dem Modell sinnlicher Wahr<br />

nehmung miteinander vermischen. 35<br />

Es ist aber der Einsatz dieses Instruments, den Nagel seinen Lesern<br />

zumutet, wenn er sagt, daß wir alle das philosophische Problem unabhängig<br />

von seiner verbalen Formulierung auch fühlen können. Es mag jedoch sein,<br />

daß wir unterschiedlich fühlen oder daß einige von uns nur ein Problem<br />

fühlen, wo andere mehrere von ihnen spüren. Wir müssen deshalb fragen:<br />

Was ist es genau, das wir fühlen, wenn wir Sätze vom Typ „Ich bin TM“<br />

aussprechen? Welche mentalen Ereignisse gehen mit dieser Äußerung ein<br />

her <strong>und</strong> was verändern sie an uns selbst? Worüber berichten wir, über die<br />

selbstreferentielle Bezugnahme auf einen durch eine Reihe publiker Eigen<br />

schaften charakterisierten Sprecher hinaus? Ist es denkbar, daß wir mit<br />

Sätzen des problematischen Typs faktisch in unreflektierter <strong>und</strong> verworre<br />

ner Weise versuchen, auf Änderungen unseres Bewußtseinszustandes be<br />

zugzunehmen <strong>und</strong> sie mitzuteilen ? Ich werde diese Fragen noch zu beant<br />

worten versuchen. An diesem Punkt unserer Überlegungen geht es mir nur<br />

um den Hinweis, daß wir nicht bloß einem sprachanalytisch interessanten<br />

Problem von <strong>Subjekt</strong>ivität, Selbstreferenz <strong>und</strong> angeblich irreduziblen Er<br />

ste Person Fakten gegenüberstehen, sondern auch einer Frage bezüglich<br />

mentaler Repräsentation <strong>und</strong> vor allem mentaler Selbstrepräsentation.<br />

Wenn unsere Gehirne nicht in der Lage wären, ganz bestimmte Formen<br />

interner Selbstrepräsentation zu erzeugen, dann verlöre auch Nagels Pro<br />

blemexposition sofort ihre intuitive Überzeugungskraft. Wir wären dann<br />

nicht mehr in der Lage, das Problem jenseits aller sprachlichen Formulie<br />

rungen zu fühlen. Vielleicht kann man das präreflexive, empathische Er<br />

fühlen <strong>und</strong> Aufspüren von philosophischen Problemen selbst zu einem<br />

Objekt von Kognitionsforschung machen <strong>und</strong> so herausfinden, warum<br />

manche philosophischen Fragestellungen (<strong>und</strong> viele schlechte Antworten)<br />

notorisch populär sind. Das könnte uns möglicherweise auch vis à visdes<br />

hier zentralen Fragenkomplexes weiterhelfen. Denn was Nagels Problem<br />

formulierung so einleuchtend macht, sind mit Sicherheit nicht nur ins<br />

<strong>und</strong> sicherlich eine unserer interessantesten mentalen Kapazitäten, aber keine Einswerdung<br />

mit einem transzendentalen Ego. Vgl. auch Abschnitt 5.2.<br />

35 Gegen den Einsatz von Gedankexperimenten in der Philosophie des Geistes argumen<br />

tiert Kathy Wilkes in Wilkes 1988. Vgl. dazu auch Buschlinger 1993.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!