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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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222<br />

4. Kapitel<br />

stimmte Klasse von Tatsachen perspektivische Fakten ,die im wissen<br />

schaftlichen Weltbild notwendigerweise fehlen müssen.“ Werfen wir einen<br />

Blick auf die Art <strong>und</strong> Weise, in der Nagel das Problem entwickelt, um zu<br />

sehen, welche neuen Aspekte er der Frage nach dem Wesen des <strong>Subjekt</strong>s ab<br />

gewinnt.<br />

Überraschend ist an Nagels Reformulierung des Problems, daß es ihm<br />

nicht mehr um die Qualität des „Wie es ist, ein X zu sein“ geht, sondern um<br />

eine bestimmte Tatsache. Dieser in der Analyse von <strong>Subjekt</strong>ivität als einem<br />

Faktum bestehende philosophische Schachzug Nagels ist von einem seiner<br />

wichtigsten Kritiker polemisch als move to funny factsbezeichnet worden. 26<br />

Was bedeutet es, jemand zu sein? Jeder einzelne von uns wäre selbst wenn<br />

alle Erlebnisperspektiven <strong>und</strong> subjektiven Standpunkte Teile einer Be<br />

schreibung der Welt geworden sind mit dem Problem partikularer Sub<br />

jektivität konfrontiert: In einer Totalrepräsentation der Welt käme so sagt<br />

Nagel eine wichtige Tatsache niemals vor, <strong>und</strong> zwar die Tatsache, daß ich<br />

mit einer der historischen Personen in ihr identisch bin. Es gibt nämlich<br />

eine große Zahl von Objekten <strong>und</strong> Erlebnisperspektiven in dieser Welt,<br />

einer Welt, die ihrer objektiven Beschreibung nach mittelpunktlos ist. Ob<br />

jektiv beschriebene Welten können nur räumliche Mittelpunkte haben,<br />

keine phänomenalen. Das subjektive Bild der Welt dagegen scheint (ob<br />

wohl es schwerlich als „Beschreibung“ im engeren Sinne gelten kann) essen<br />

tiell zentriert zu sein <strong>und</strong> überhaupt keinen Ort im Raum der Physik zu<br />

besitzen wenn man nicht annimmt, daß es in einem strikten Sinn mit<br />

gewissen neuronalen Zuständen identisch ist. Aber selbst wenn der fragli<br />

che intentionale <strong>und</strong> qualitative Gehalt des subjektiven Bilds der Welt auf<br />

neurowissenschaftlich zu beschreibende Zustände reduziert werden könn<br />

te, scheint seine Zentriertheit eine Eigenschaft zu sein, die wir schwerlich<br />

auf der physischen Seite der postulierten Identitätsrelation wiederfinden<br />

werden.EinesolchevollständigeDarstellungderWeltläßtdarumdiefür<br />

jeden von uns zugleich wichtigste <strong>und</strong> rätselhafteste Frage offen: Wie kann<br />

es möglich sein, daß ich eine dieser Einzelpersonen (inklusive aller ihrer<br />

öffentlichen Eigenschaften <strong>und</strong> ihres subjektiven Standpunkts) bin? Wie<br />

kann ich TM sein, in einer Welt, deren Brennpunkt ich bin, die jedoch<br />

andererseits als absolut zentrumlos erscheint? Wie ist es möglich, daß ich<br />

qua zentriertes Bewußtsein 27 mit einem einzelnen Objekt, mit einer partiku<br />

laren Person in einer mittelpunktlosen Welt identisch bin?<br />

Es scheint, als ob der subjektive <strong>und</strong> der objektive Standpunkt auf ewig<br />

unversöhnbare Gegensätze bilden müßten. Nun unterscheidet Nagel zwei<br />

mögliche Fragen hinsichtlich der intuitiven Inkompatibilität der beiden<br />

Weisen des Wirklichkeitszugangs. Erstens: Wie kann es von einer bestimm<br />

ten Einzelperson, die nur eine von vielen in einer zentrumlosen Welt ist,<br />

wahr sein, daß sie ich ist? Prima facie scheint dies eine wichtige Wahrheit<br />

26 Vgl. Lycan 1987: 77.<br />

27 Vgl. <strong>Metzinger</strong> 1989.

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