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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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4. Kapitel<br />

Relationalität: Mentale Zustände sind meine, bzw. solche, von denen wir<br />

sagen, daß Personen oder <strong>Subjekt</strong>e sie „besitzen“;<br />

Privatheit: Mentale Zustände sind aus erkenntnistheoretischenGründen problematisch, da sie nicht öffentliche Eigenschaften exemplifizieren.<br />

Man kann Nagel allerdings vorwerfen, daß er systematisch unser aller car<br />

tesianische Intuitionen ausbeutet. Diese sind zu einem nicht unbeträchtli<br />

chen Teil auch in Gestalt der abendländischen Alltagspsychologie fixiert<br />

<strong>und</strong> fließen deshalb leicht in theoretische Argumentationen ein, sofern<br />

diese nicht in formalen Kunstsprachen durchgeführt werden. Die erste <strong>und</strong><br />

wichtigste dieser cartesianischen Intuitionen ist vielleicht die „Selbsttran<br />

sparenz des Bewußtseins“ („. . .Denn da ich jetzt weiß, daß ja selbst die<br />

Körper nicht eigentlich durch die Sinne oder durch die Fähigkeit der Einbil<br />

dung, sondern einzig <strong>und</strong> allein durch den Verstand erfaßt werden, auch<br />

nicht dadurch, daß man sie betastet oder sieht, sondern, daß man sie denkt:<br />

so erkenne ich ganz offenbar, daß ich nichts leichter <strong>und</strong> augenscheinlicher<br />

erfassen kann als meinen Geist.“ 18 ). Diese Intuition läßt die meisten von<br />

uns glauben, daß wir uns über unser eigenes Bewußtsein nicht täuschen<br />

können: Im Bereich des Mentalen fallen Sein <strong>und</strong> Schein zusammen, esse<br />

est experiri. 19 Alle unsereAussagen über das problematischeExplanandum, die fragliche <strong>Subjekt</strong>ivität mentaler Zustände, sind das darf in diesem<br />

Zusammenhang nicht übersehen werden durch die Introspektion je ein<br />

zelner gewonnen <strong>und</strong> beziehen sich also nicht auf öffentliche Ereignisse<br />

oder Eigenschaften. In diesem Sinne sind introspektive Aussagen zunächst<br />

nicht überprüfbareAussagen, wiewohl ihr heuristischerWert für eineratio nale Problemexposition nicht in Zweifel stehen kann. Es fragt sich also,<br />

welchen erkenntnistheoretischen Status wir dem Vorgang der Introspek<br />

tion zuweisen. Ich plädiere dafür, ihn nicht als eine theoretisch relevante<br />

Form von „Wissen“ zu interpretieren20 ohne gleichzeitig in neobehaviori<br />

stische Radikalismen zu verfallen. Dann jedoch stellt sich die Frage, wie<br />

man sich der <strong>Subjekt</strong>ivität unserer Innenwelt überhaupt annähern kann:<br />

Denn schließlichführen uns objektiveAnalysen immer weiter weg von der<br />

eigentümlichen Konkretheit <strong>und</strong> Individuenbezogenheit des Phänomens.<br />

Es sieht vorerst so aus, als könne man sich dem Problem der Perspektivität<br />

mentaler Zustände weder durch das Einnehmen noch durch das schritt<br />

weise Eliminieren von Perspektiven nähern.<br />

Den Wissensaspekt von subjektiven Zuständen, insbesondere von Qua<br />

lia, hat Frank Jackson bei der Entwicklung seines Knowledge Arguments in<br />

den Mittelpunkt gerückt. 21 Ausgangspunkt des Arguments sind zwei Ge<br />

18 Vgl. Descartes 1972 (1641): 26.<br />

19 Vgl. Bieri 1981: 206.<br />

20 „Theoretisch relevant“ heißt in diesem Zusammenhang: „Nicht in der Lage, Wahrheits<br />

ansprüche im Sinne des wissenschaftlichen Erkenntnismodells zu stellen“. Ich beziehe mich<br />

hier auf den Unterschied zwischen digitalem Wissen <strong>und</strong> analogem Wissen, den ich in Ab<br />

schnitt 2.2.1 näher erläutert habe.<br />

21 Vgl. Jackson 1982; die drei Erwiderungen von Churchland 1985, die Antwort von<br />

Jackson 1986 sowie die entsprechende Replik von Churchland 1989. Aus einer

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