Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Fledermäuse, objektive Selbste <strong>und</strong> die Irreduzibilität der Innenperspektive 217<br />
jekts <strong>und</strong> seiner Zustände ins Spiel bringt. Man kann jedoch nicht sagen,<br />
daß „Meinigkeit“ aprioriallen mentalen Zuständen zukommt <strong>und</strong> sie so<br />
vor aller Erfahrung bereits begrifflich determiniert. „Meinigkeit“ kann<br />
kontingenterweise verloren gehen zum Beispiel, wenn ich einen schizo<br />
phrenen Schub erlebe <strong>und</strong> mir andere Menschen ihre Gedanken senden<br />
oder plötzlich fremde mentale Zustände scheinbar von außen in meinen<br />
Bewußtseinsraum hineinforciert werden. Wir haben bereits gesehen, daß<br />
das menschlicheGehirn faktischkognitive Zustände erzeugen kann, die auf<br />
der Ebene phänomenalen Bewußtseins als fremdsubjektiv (fremde Gedan<br />
ken) oder als nicht subjektiv (Stimmenhören) erlebt werden. Die Tatsache,<br />
daß die fragliche Eigenschaft mentaler Zustände auch in Abstufungen auf<br />
tritt, verlorengehen kann <strong>und</strong> ganz offensichtlich stark durch Eigenschaften<br />
des Informationsflusses im Gehirn „von unten“ determiniert ist, bildet<br />
überhaupt erst die Gr<strong>und</strong>lage für das Unternehmen einer Naturalisierung<br />
des psychologischen<strong>Subjekt</strong>s. Erst die reichhaltigen empirischen Erkennt<br />
nisse der letzten Jahrzehnte etwa durch Untersuchungen an split brain<br />
Patienten oder solchen, die unter Dissociative Identity Disorder leiden<br />
haben der Vermutung ihre Plausibilität verliehen, <strong>Subjekt</strong>ivität könnte<br />
eine natürliche Eigenschaft sein.<br />
Das, was ich unter dem Namen „Meinigkeit“ als eine Eigenschaft psychi<br />
scher Zustände in Anschlag gebracht habe, ist eines der wichtigsten Ele<br />
mente der phänomenalen Realität. „Meinigkeit“ scheint sehr eng mit dem<br />
verknüpft zu sein, was Nagel als „Wie es ist. . .“ bezeichnet: Diejenigen<br />
Zustände, von denen ich sagen kann wie es ist, sichinihnenzubefinden,<br />
sind fast immer meine. Meist sind sie es in einem nicht derivativenSinne. 15<br />
Das heißt: Ich als mich selbst erlebendes geistiges Wesen erarbeite oder<br />
produziere diese Eigenschaft meiner mentalen Zustände nicht sie schei<br />
nen mir von Anfang an als meine gegeben 16 zu sein. Dies ist auch der Gr<strong>und</strong><br />
dafür, daß sicheineSubstanz Attribut Relation nicht für dieAnalysedieser Situation anbietet, weil sie eine Zufälligkeit zwischen Eigenschaften <strong>und</strong><br />
ihren Trägern ins Spiel bringt, die kontraintuitiv ist, weil sie in nicht patho<br />
logischen bzw. nicht devianten Bewußtseinszuständen nicht erlebt wird. 17<br />
Zunächst können wir festhalten, daß „Meinigkeit“ eine relationale Eigen<br />
schaft bestimmter mentaler Repräsentate oder mentaler Modelle ist. Bis<br />
jetzt hat unser Blick auf Nagels frühe Arbeiten also die folgenden Aspekte<br />
der problematischen Eigenart mentaler Zustände, die wir häufig als ihre<br />
<strong>Subjekt</strong>ivität zusammenzufassen pflegen, berührt:<br />
Phänomenaler Gehalt: Wie es ist,sichinihnenzubefinden;<br />
15 Vgl. Bieri 1981: 68.<br />
16 Den Mythos des nicht inferentiellen, qualitativen Wissens durch „selbstbeglaubigende,<br />
non verbale innere Episoden“ <strong>und</strong> unmittelbare Gegebenheiten des Bewußtseins hat Wilfrid<br />
Sellars attackiert <strong>und</strong> aufzulösen versucht. Vgl. hierzu Sellars 1963, 1981 <strong>und</strong> Kurthen 1990:<br />
21ff.<br />
17 Nagel hat bereits 1965 ausführlich auf diesen Punkt hingewiesen. Nicht alle Formen von<br />
Ich Auflösung beim Menschen müssen Ich Störungen im pathologischen Sinne sein. Vgl. etwa<br />
Dittrich 1985.