Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
216<br />
4. Kapitel<br />
Frage der philosophischen Debatte der letzten Jahre. Mit Blick auf den<br />
zweiten Komplex von Problemen <strong>und</strong> auf die Diskussion des Leib Seele<br />
Problems seit dem Zweiten Weltkrieg stellt man ebenfalls fest, daß eine<br />
Fülle neuer Lösungsansätze auf einem hohen analytischen Niveau ent<br />
wickelt worden ist. 13 Fürdiedenerstenbeidenengverwandte<strong>und</strong>doch<br />
ganz andere Frage, unter welchen Bedingungen wir andere Systeme als zu<br />
unserer Klasse bewußter Wesen gehörig ansehen <strong>und</strong> sozusagen in die „Ge<br />
meinschaft geistiger Wesen“ aufnehmen, scheint es dagegen unerläßlich,<br />
zunächst zu einer befriedigenden Theorie des qualitativen Gehalts, der<br />
Bewußtheit <strong>und</strong> der <strong>Subjekt</strong>zentriertheit mentaler Repräsentate zu gelan<br />
gen. Das Fledermaus Argument verknüpft nun den ersten mit dem dritten<br />
Punkt: Die Nagelsche Qualität des „Wie es ist, ein X zu sein“ stellt sich als<br />
eng verb<strong>und</strong>en mit einem phänomenalen Identitätserlebnis dar, das seine<br />
Wurzeln in der zuletzt genannten <strong>Subjekt</strong>zentriertheit hat.<br />
Denn wir sehen weiterhin, daß es neben dem angesprochenen Charakte<br />
ristikum mentaler Zustände („Wieesist...“)noch ein weiteres gibt, das<br />
mit Blick auf eine begriffliche Analyse <strong>und</strong> ihren wissenschaftstheoreti<br />
schen Status große Bedeutung besitzt, nämlich ihre „Meinigkeit“. In den<br />
üblichen Bewußtseinszuständen sind innere Prozesse immer meine inneren<br />
Prozesse: Es scheint eine Entität zu geben, die in einer Relation des Besit<br />
zens zu ihnen steht. 14 „Meinigkeit“ ist die phänomenologische Formulie<br />
rung für eine der wichtigsten Eigenschaften mentaler Zustände aus der<br />
Perspektive der ersten Person. Sie wird ein wichtiges Element jeder Theorie<br />
des psychologischen <strong>Subjekt</strong>s sein, weil sie die Relationalität dieses Sub<br />
Verhaltensmuster aus, muß aber durch immer bessere physikalisch funktionale Zusatzerklä<br />
rungen supplementiert werden. Die Theorie intentionaler Systeme erkennt die Irreduzibilität<br />
der personalen Beschreibungsebene an, macht aber keine ontologischen Aussagen darüber,<br />
was es gibt. Vielmehr zeichnet sie eine Klasse von Systemen aus, bei der vorläufig nur ein<br />
bestimmter Erklärungstyp funktioniert <strong>und</strong> analysiert diesen Typ von Erklärung. Vgl. hierzu<br />
Dennett 1969, 1978, Beckermann 1986c <strong>und</strong> Bieri 1987c. Die wichtigsten Arbeiten Dennetts<br />
zu diesem Thema sind in dem Sammelband „The Intentional Stance“ zusammengefaßt, vgl.<br />
Dennett 1987b.<br />
13 Seit dem Zusammenbruch des Ryleschen Projekts sind im wesentlichen neun Leib See<br />
le Theorien entwickelt worden. Die wichtigsten Probleme der Debatte sind die nomologische<br />
Inkommensurabilität des Mentalen <strong>und</strong> die Frage nach der Theorieneutralität präreflexiver<br />
„innerer Gegebenheiten“. Vgl. <strong>Metzinger</strong> 1985, 1990, 1991.<br />
14 Strawson hat diese Relation unter dem Aspekt der logischen Primitivität des Person Be<br />
griffs näher untersucht. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß wir wenn wir mit dem<br />
„Haben“ psychologischer Eigenschaften nicht die kontingente Tatsache ihrer kausalen Abhän<br />
gigkeit von einem bestimmten Körper in der Welt meinen das Erlebnissubjekt nicht ohne<br />
Rekurs auf öffentliche Personeneigenschaften identifizieren können. Wenn man dagegen wie<br />
Wittgenstein in einer bestimmten Phase oder Moritz Schlick eine quasi buddhistische „No<br />
ownership“ Theorie bezüglich der Beziehung zwischen <strong>Subjekt</strong> <strong>und</strong> internen Zuständen ver<br />
tritt, erkauft man die sprachanalytische Auflösung des Problems mit deskriptiver Unplausibi<br />
lität. Eine naturalistische Theorie der <strong>Subjekt</strong>geb<strong>und</strong>enheit mentaler Zustände dagegen wird<br />
vor aller begrifflichen Analyse verständlich machen müssen, wie es überhaupt zum Auftreten<br />
der fraglichen psychologischen Eigenschaft in biologischen Gehirnen kommen konnte. Vgl.<br />
Strawson 1959.