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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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214<br />

4. Kapitel<br />

sowohl den Vorgang der Introspektion wie auch die innere Wirklichkeit des<br />

Philosophen schrittweise <strong>und</strong> unausbleiblich verändert. Und was gibt es<br />

Schlimmeres als Philosophie, durch die wir uns nicht mehr verändern?<br />

Die Anerkennung der mentalen Qualität „<strong>Subjekt</strong>ivität“ führt sämtliche<br />

seit Ryle entwickelten Formen des Physikalismus <strong>und</strong> des Funktionalismus<br />

in Aporien. Für die Identitätstheorie läßt sich nicht mehr zeigen, wie mein<br />

Besitzen eines bestimmten psychologischen Attributs identisch sein soll<br />

mit dem Besitzen eines solchen Attributs durch eine wie auch immer natur<br />

wissenschaftlich zu beschreibende Substanz. 8 Die Eliminationsvarianten 9<br />

der Theorie kommen in größte Schwierigkeiten, was den Begriff der Wis<br />

senschaft als eines von rationalen <strong>Subjekt</strong>en betriebenen Unternehmens<br />

angeht <strong>und</strong> funktionale Analysen sind notorisch resistent gegen Qualia <strong>und</strong><br />

<strong>Subjekt</strong>ivität: Etwas könnte eine perfekte funktionale Simulation von mir<br />

oder einem meiner Leser sein, ohne daß es irgendwie wäre,diesesSystemzu<br />

sein. Denn es könnte ein System geben, das sich in genau denselben Input<br />

Output Relationen befindet wie ich, <strong>und</strong> das auch was die interne Vernet<br />

zung funktional spezifizierter Ereignisse angeht mit mir identisch ist.<br />

Trotzdem wäre es möglich, daß ein solcher funktional isomorpher<br />

Doppelgänger keine Erlebnisse hat. 10 Diese Resistenz der subjektiven Er<br />

lebnisperspektive gegen monistisch motivierte Analysen macht sie philoso<br />

phisch interessant <strong>und</strong> man muß es als Verdienst Nagels werten, sie als<br />

wichtige Problemvariante in der neueren Philosophie des Geistes etabliert<br />

zu haben.<br />

Welche Methoden stehen uns zur Verfügung, um zu entscheiden, ob das<br />

hier diskutierte Kriterium für die Zuschreibung von Bewußtsein für ein<br />

beliebiges System erfüllt ist? Der erste Kandidat scheint eine Art „empathi<br />

scher Imagination“ zu sein: Wir könnten versuchen, uns auf der Ebene der<br />

Vorstellung in eine Fledermaus, einen Marsmenschen oder einen Groß<br />

rechner einzufühlen. Einer solchen „phänomenalen Emulation“ sind durch<br />

unsere eigene biologische Struktur jedoch enge Grenzen gesetzt, nämlich in<br />

Gestalt der funktionalen Architektur unserer Nervensysteme, die nur sehr<br />

stark eingeschränkte Quellen <strong>und</strong> Mechanismen der Verarbeitung von In<br />

formation zur Verfügung stellt um die psychische Simulation eines anderen<br />

geistigen Wesens durchzuführen. Über Phantasie <strong>und</strong> Vorstellung als<br />

8 Vgl. Nagel in Bieri 1981: 68.<br />

9 Die kanonischen Texte sind Churchland 1979, 1981, Feyerabend 1981(1970), Rorty<br />

1981a(1965), 1981b(1970), 1981c(1979). Weitere Literaturangaben zur Entwicklung des eli<br />

minativen Materialismus finden sich in Bieri 1981 <strong>und</strong> Lycan 1990.<br />

10 Die zwei wichtigsten Versuche, die Intuition zu explizieren, daß es für jedes System mit<br />

physikalischen, funktionalen <strong>und</strong> phänomenalen Eigenschaften einen „bewußtlosen Doppel<br />

gänger“ geben könnte, der dieselben physischen <strong>und</strong> funktionalen Merkmale besitzt ohne<br />

phänomenale Eigenschaften zu instantiieren, sind das Absent Qualia Argument (Block 1980,<br />

Block ⁄ Fodor 1972; dazu auch Churchland 1981 <strong>und</strong> Dennett 1979, 1981, Shoemaker 1981c)<br />

<strong>und</strong> das Modal Argument (Campbell 1970, Kirk 1974; die Repliken von Locke 1976, Lycan<br />

1979, Shoemaker 1975; ferner Churchland 1981, 1985, Jackson 1982, Maloney 1985).

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