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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 207<br />

Zusammenhang die Frage, was es heißt, daß ein System Interessen besitzt<br />

oder verfolgt zum Beispiel, indem es abstrakte Instrumente wie mentale<br />

Modelle im allgemeinen oder Modelle des Selbst im besonderen entwickelt<br />

<strong>und</strong> einsetzt, um Ziele zu verfolgen. Ich habe keine Antworten auf diese<br />

beiden Fragen gegeben, deshalb können wesentliche Einschränkungen be<br />

züglich der intendierten Klasse von informationsverarbeitenden Systemen<br />

notwendig sein. Prinzipiell schließt SMT jedoch die Möglichkeit künstli<br />

cher <strong>Subjekt</strong>ivität in keiner Weise aus.<br />

Die „Einbettung eines <strong>Selbstmodell</strong>s in ein Realitätsmodell“ soll die<br />

zentrale notwendige Bedingung für das Entstehen der psychologischen Ei<br />

genschaft „<strong>Subjekt</strong>ivität“ in einem System sein. (Ich gehe dabei von der<br />

Notwendigkeit eines gr<strong>und</strong>sätzlichen „In der Welt Seins“ aus, also davon,<br />

daß es subjektive Inhalte des Bewußtseins nur dann geben kann, wenn es<br />

auch objektive Inhalte gibt. Systeme, die nur ein <strong>Selbstmodell</strong> erzeugen<br />

ohne es in ein Weltmodell einzubinden, sind <strong>und</strong>enkbar: Ein <strong>Selbstmodell</strong><br />

ohne Zentrierungsfunktion ist einfach nur ein nicht zentriertes Realitäts<br />

modell ohne phänomenale „Meinigkeit“.) Ich habe dafür argumentiert, daß<br />

dies für unser eigenes phänomenales Bewußtsein eine empirisch plausible<br />

Annahme ist <strong>und</strong> schlage deshalb eine begriffliche Extrapolation vor. SMT<br />

ist damit auch der Versuch, einen neuen naturalisierten Begriff des Erleb<br />

nissubjekts anzubieten.<br />

Ob SMT mit interner <strong>Selbstmodell</strong>ierung auch die hinreichende Be<br />

dingung für die Zuschreibung von <strong>Subjekt</strong>ivität angibt, ist eine offene<br />

empirische Frage. Und dies muß eines der zentralen Merkmale des natura<br />

listischen Begriffs der <strong>Subjekt</strong>ivität sein: Er ist offen für zukünftige Anrei<br />

cherungen, Präzisierungen <strong>und</strong> auch für eine Elimination durch die empiri<br />

sche Psychologie. SMT schlägt also im Sinne einer metatheoretisch inter<br />

disziplinären Arbeitshypothese einen offenen Begriff einer bestimmten<br />

psychologischen Eigenschaft relativ zu einer Systemklasse vor.<br />

Um bewußte <strong>Subjekt</strong>ivität in Gestalt menschlichen Selbstbewußtseins<br />

zu erfassen, muß mindestens noch das Kriterium einer teilweisen Metamo<br />

dellierung des <strong>Selbstmodell</strong>s erfüllt sein nur die von einer entsprechenden<br />

Funktion erfaßten Bereiche des <strong>Selbstmodell</strong>s werden auch Inhalte phäno<br />

menalen Bewußtseins sein. 112 Mit Blick auf ein spezielles physisches Sy<br />

stem wie das menschliche Gehirn mag es außerdem sehr fraglich sein, ob es<br />

<strong>Selbstmodell</strong>ierung ohne gleichzeitige Erzeugung mentaler Präsentate al<br />

so: <strong>Subjekt</strong>ivität ohne Qualia leisten kann. Dies sind Beispiele für weitere<br />

Anreicherungen des <strong>Subjekt</strong>ivitätsbegriffs, die in bezug auf ein bestimmtes<br />

physisches System notwendig sein können. SMT willdasbegrifflicheFun<br />

dament solcher Anreicherungen sein, nicht eine metaphysische These.<br />

112 Daß es tatsächlich sehr stabile, komplexe <strong>und</strong> funktional aktive <strong>Selbstmodell</strong>e ohne<br />

begleitendes Bewußtsein geben kann, zeigen uns gut belegte Phänomene wie das nächtliche<br />

Schlafwandeln von Menschen. Aus der Perspektive klassischer a priori Theorien des <strong>Subjekt</strong>s<br />

mag „unbewußte Meinigkeit“ auf den ersten Blick wie ein Widerspruch im Beiwort erschei<br />

nen. In Wirklichkeit sind solche Theorien einfach falsch, was die empirische Einheit der<br />

Apperzeption angeht.

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