Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 199<br />
Klartraum begegnen <strong>und</strong> mich vielleicht in erkenntnistheoretische Gr<strong>und</strong><br />
satzdebatten verwickeln, funktionale Subsysteme sozusagen diskrete vir<br />
tuelle Maschinen sein, die durch Teilmengen meiner Hirnzustände reali<br />
siert sind.<br />
Angenommen, ich begegne im Klartraum einer scientific community,die<br />
daran interessiert ist, mich von der f<strong>und</strong>amentalen Falschheit einiger mei<br />
ner Theorien über die Traumwirklichkeit zu überzeugen: Darf ich die inter<br />
subjektive Verifikation „wissenschaftlicher“ Hypothesen im Traum <strong>und</strong><br />
durch Traumfiguren akzeptieren? Es könnte durchaus sein, daß innerhalb<br />
der Traumwelt der Energieerhaltungssatz der Physik nicht gilt <strong>und</strong> daß die<br />
besten wissenschaftlichen Theorien der Traumwissenschaftler dies bestäti<br />
gen. Ich wäre somit als experimentierender Epistemologe <strong>und</strong> philosophi<br />
scher Psychonaut nicht in der Lage, zu beweisen, daß die Referenten einzel<br />
ner Terme der Traumphysik nur Elemente eines mentalen Modells sind,<br />
welches von einem Gehirn konstruiert wird, das ich üblicherweise als mei<br />
nes zu bezeichnen pflege. Dadurch, daß ich den Prozeß der Erzeugung <strong>und</strong><br />
Überprüfung von Hypothesen durch mein Aufwachen abbreche bzw. ver<br />
lasse, habe ich im wahrsten Sinne des Wortes niemandem etwas bewiesen<br />
<strong>und</strong> keinerlei Erkenntnisfortschritt erzielt.<br />
MitderLuziditätbegegnetdemPhilosopheneinbisherkaumbeachtetes<br />
psychisches Phänomen, das man auch als die psychologische Eigenschaft<br />
der Zustandsklarheit bezeichnen kann. „Luzidität“ als Begriff könnte man<br />
auf mehreren Ebenen explizieren.<br />
(1) Ein Träumer ist genau dann ein luzider Träumer bzw. ein Klarträu<br />
mer, wenn er sich während des Traumes bewußt ist, daß er träumt <strong>und</strong><br />
wenn er weiß, daß sein gegenwärtiger Bewußtseinszustand die eingangs<br />
genannten Kriterien erfüllt.<br />
(2) Ein Traum ist genau dann ein luzider Traum bzw. ein Klartraum,<br />
wenn in ihm ein stabiles Zustandsbewußtsein mitgegeben ist <strong>und</strong> wenn er<br />
von dem Wissen um die Erfüllung der eingangsgenannten Kriterien beglei<br />
tet wird.<br />
(3) Ein Bewußtseinszustand 91 ist genau dann luzide, wenn die sich in ihm<br />
befindende Person 92 sich der Tatsache, daß siesichindiesemBewußtsein<br />
zustand befindet, bewußt ist <strong>und</strong> wenn sie weiß, daß sie sich in eben jenem<br />
Bewußtseinszustand befindet. Luzide sind repräsentationale Gesamtzu<br />
stände dann, wenn sie durch ein <strong>Selbstmodell</strong> zentriert werden, zu dessen<br />
91 Wenn man, wie ich es hier tue, den aus der phänomenologischen Analyse des Klartraums<br />
gewonnenen Begriff der „Luzidität“ auf Bewußtseinszustände <strong>und</strong> mentale Realitätsmodelle<br />
im allgemeinen hin generalisiert, dann kann man die der ursprünglichen psychologischen<br />
Eigenschaft der Luzidität entsprechenden umfassenderen psychologischen Eigenschaften als<br />
Zustandsklarheit <strong>und</strong> Selbsttransparenz bezeichnen. Bei den diesen generalisierten Eigen<br />
schaften entsprechenden Formen des Wissens handelt es sich aber nicht um propositionales,<br />
sondern um analoges Erlebniswissen.<br />
92 Schwierig wird es in all jenen Fällen, bei denen eine physische Person mehrere phänome<br />
nale Personen benutzt. Können sich auch Mengen von phänomenalen Personen in einem<br />
Bewußtseinszustand befinden, etwa wenn wie in Fällen multipler Persönlichkeiten ein<br />
Gehirn gleichzeitig mehrere <strong>Selbstmodell</strong>e konstruiert?