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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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3. Kapitel<br />

Solche <strong>Selbstmodell</strong>e können sich in einem System stabilisieren <strong>und</strong> in<br />

späteren Stationen seiner Geschichte durch ganz andere, aber strukturell<br />

verwandte soziale Situationen wieder aktiviert werden.<br />

Dann entstehen nicht nur Erinnerungslücken <strong>und</strong> inkompatible Verhal<br />

tensmuster, sondern auch psychologische Eigenschaften, die der externe<br />

Beobachter wie im Fall von unter DID leidenden Patienten nicht mehr<br />

konsistenterweise als Eigenschaften einer Person beschreiben kann. Dies<br />

zeigt uns sehr deutlich, daß die psychologischen Eigenschaften, die eine<br />

personale Psychologie dem Gesamtsystem als ihrem logischen <strong>Subjekt</strong> zu<br />

schreibt, in genetischer Perspektive durch komplexe Ereignisse der inter<br />

nen <strong>Selbstmodell</strong>ierung auf der subpersonalen Ebene erklärt werden müs<br />

sen. Gute Ansätze für solche Erklärungsstrategien gibt es bereits. Egolo<br />

gisch metaphysischen Theorien des Geistes bleibt dagegen als Ausweg in<br />

der Konfrontation mit solchen psychischen Phänomenen nur die Verdrän<br />

gung des empirischen Materials durch Betrugshypothesen oder durch ok<br />

kultistische Annahmen, wie etwa die katholische Kirche sie heute noch<br />

vertritt: Einer nur mit Hilfe speziell geschulter Exorzisten zu begegnenden<br />

Besessenheit durch aggressive Geistwesen.<br />

4) Luzide Träume: Wach’ ich oder träum’ ich?<br />

Abschließend möchte ich untersuchen, was geschieht, wenn <strong>Selbstmodell</strong>e<br />

sich in Bewußtseinszuständen etablieren, die normalerweise nur schwach<br />

oder intermittierend zentriert sind, das heißt: Zustände in denen das<br />

<strong>Selbstmodell</strong> normalerweise hochgradig instabil ist. Als Beispiel werde ich<br />

einen simulationalen Gesamtzustand eine komplexe mentale Simulation<br />

ohne epistemischen Gehalt wählen, den wir alle kennen <strong>und</strong> den ich<br />

bereits früher auf seine Bedeutung für das philosophische Problem der<br />

<strong>Subjekt</strong>ivität hin untersucht habe. Ich meine den Traum, der sich in einen<br />

luziden Traum verwandelt hat. Was genau sind solche luziden Träume ?<br />

Luzide Träume (Klarträume, lucid dreams) sind all solche Träume, die<br />

die fünf Kriterien des folgenden Minimalkatalogs erfüllen:<br />

(a) Der Träumer ist sich vollständig darüber im klaren, daß er träumt. Er<br />

weiß, daß er sich in einem Klartraum befindet <strong>und</strong> ist in der Lage, sich diese<br />

Eigenschaft selbst zuzuschreiben.<br />

(b) Der Bewußtseinszustand des Träumers ist in keiner Weise eingetrübt.<br />

Die allgemeine Bewußtseinsklarheit liegt mindestens auf dem Niveau des<br />

normalen Wachzustandes, nicht selten jedoch darüber („high dreams“ 76 ).<br />

(c) Alle fünf Sinne funktionieren dem subjektivenErleben nach genau so<br />

gut wie im Wachzustand.<br />

(d) Es existiert eine uneingeschränkte Erinnerung an das bisherige Wach<br />

<strong>und</strong> Klartraumleben. Es gibt keine asymmetrischen Amnesien wie in man<br />

chen Fällen multipler Persönlichkeiten.<br />

76 Vgl. dazu Tart 1972.

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