Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 193<br />
...ThusherexperienceoflikingtopleaseDaddygaverisetowhatbecamethe<br />
Sally self. Her experience of the pain and anger gave rise to Hatey. And the<br />
experience of playing at being a doll [dieser Ausdruck bezieht sich auf Versu<br />
che, sich einfach passiv zu verhalten <strong>und</strong> sich sozusagen „totzustellen“; Anmer<br />
kung TM] gave rise to Peggy.<br />
Now these descendants of the orginal Sandra could, with relative safety, come<br />
out in the open. And before long, opportunities arose for them to try their<br />
newfo<strong>und</strong> strength in settings other than the original abuse. When Mary lost<br />
her temper with her mother, Hatey could chip in to do the screaming. When<br />
Mary was kissed by a boy in the playgro<strong>und</strong>, Sally could kiss him back. Everyo<br />
ne could do what they were „good at“, and Mary’s own life was made that much<br />
simpler. This pattern of what might be termed „the division of emotional<br />
labor“ or „self replacement therapy“ proved not only to be viable, but to be<br />
rewarding all aro<strong>und</strong>. 75<br />
Natürlich müßte eine wirklich schlüssige phänomenologischeAnalyse sol<br />
cher Spaltungszustände wesentlich detaillierter sein <strong>und</strong> vor allem iatroge<br />
ne Artefakte ausschließen können. Skepsis gegenüber den Phänomenen<br />
<strong>und</strong> den spezifischen Interessen der Therapeutengemeinschaft sind durch<br />
aus angebracht. (Dennett <strong>und</strong> Humphrey berichten allerdings auch von<br />
einer Patientin, deren Skepsis gegenüber der Diagnose ihrer Therapeutin<br />
verschwand, als sie feststellen mußte, daß eines ihrer Alter Egos sich bereits<br />
bei einem anderen Therapeuten in Behandlung begeben hatte.) Anderer<br />
seits können an der Existenz vieler solcher Fälle multizentrierten Bewußt<br />
seins kaum vernünftige Zweifel geltend gemacht werden, wie auch immer<br />
die endgültige wissenschaftliche Beschreibung der jeweiligen Ätiologien<br />
lauten mag. Eine befriedigende naturalistische Theorie des Geistes muß<br />
darum Erklärungen für das Auftreten multipler Erlebnisperspektiven in<br />
pathologischen mentalen Modellen der Welt anbieten können. Der in spezi<br />
ellen Streßsituationen für ein natürliches Repräsentationssystem das ge<br />
rade erst begonnen hat, ein stabiles, höherstufiges Selbstrepräsentat zu<br />
erzeugen auftretende Zwang zur „emotionalen Arbeitsteilung“, auf den<br />
Dennett <strong>und</strong> Humphrey in dem obigen Zitat anspielen, könnte ein Schlüs<br />
sel zum Verständnis solcher phänomenal funktionalen Dissoziationen<br />
sein. Emotionale <strong>Selbstmodell</strong>e sind nämlich komplexe Datenstrukturen,<br />
die für das sie erzeugende System eine möglichst stimmige interne Reprä<br />
sentation seiner Interessenlage leisten müssen. Wenn in der Phase, in der<br />
das phänomenale Selbst eines Kindes sich gerade erst zu konsolidieren<br />
beginnt, ein Elternteil unter dem Deckmantel der Zuneigung zum Aggres<br />
sor wird (der zudem noch eine zweite Identität durch einen Kosenamen<br />
anbietet), dann entsteht eine bizarre Interessenlage. Da das System nicht in<br />
der Lage ist, sich aus der äußeren Situation zu befreien, kann es unter<br />
Umständengezwungen sein, die interne Modellierungseiner Interessenlage<br />
auf mehrereSelbstrepräsentate zu verteilen, die die nicht miteinander zu<br />
vereinbarenden Funktionen für das System als Ganzes separat ausüben.<br />
75 Vgl. Dennett ⁄ Humphrey 1989: 74.