Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 175<br />
„imitiert“, bzw. mental simuliert haben. Die dieser mentalen Modellierung<br />
zugr<strong>und</strong>eliegenden neuronalen Prozesse dürften ihrerseits subsymbolischer<br />
Natur sein das heißt: auf massiv paralleler Informationsverarbeitung be<br />
ruhen. 39<br />
Was wir verstehen müssen, ist die Interaktion zwischen Selbstreferenz<br />
<strong>und</strong> <strong>Selbstmodell</strong>ierung, die Art <strong>und</strong> Weise, in der die Logik des Selbstbe<br />
wußtseins die Psychologie des Selbstbewußtseins beeinflußt <strong>und</strong> vice ver<br />
sa. Man kann das Rätsel des Selbstbewußtseins nicht auf die Frage einen<br />
gen, ob es einen referentiellen Gebrauch von „Ich“ durch das <strong>Subjekt</strong> gibt.<br />
Andererseits erklärt uns eine naturalistische Theorie der <strong>Selbstmodell</strong>ie<br />
rung nur das Zustandekommen erlebten Selbstbewußtseins, schlägt aber<br />
keine Brücke zur sozialen Dimension von <strong>Subjekt</strong>ivität. Diese Dimension<br />
öffnet sich durch externe Systeme der Repräsentation <strong>und</strong> Selbstbeschrei<br />
bung. Externe Repräsentationssysteme entstehen in Gesellschaften <strong>und</strong><br />
spiegeln die Geschichte dieser Gesellschaften wider. 40 Das Interface zwi<br />
schen der inneren Biographie von Individuen, die ihr je eigenes psychisches<br />
Drama durchleben, <strong>und</strong> der äußeren Geschichte von durch die öffentlichen<br />
Eigenschaften von Personen gebildeten sozialen Systemen entsteht aber<br />
durch genau diese Wechselwirkung zwischen sprachlicher Selbstreferenz<br />
<strong>und</strong> interner <strong>Selbstmodell</strong>ierung. Deswegen möchte ich abschließend noch<br />
einen kurzen Blick auf das Problem der Selbstreferenz werfen.<br />
Worauf bezieht sich der <strong>Subjekt</strong>gebrauch von Pronomina der ersten Per<br />
son? Wenn ich sage „Ich bin gerade etwas verwirrt“, worauf bezieht sich<br />
dann diese Selbstzuschreibung einer psychologischen Eigenschaft? Befinde<br />
ich mich nicht in einer Kommunikationssituation, sondern handelt es sich<br />
um einen Fall monologisierender Selbstzuschreibung, dannnehmeichda<br />
mit Bezug auf ein subjektives Erlebnis. <strong>Subjekt</strong>ive Erlebnisse entstehen,<br />
wie wir gesehen haben, dadurch, daß mentale Modelle in ein <strong>Selbstmodell</strong><br />
eingebettet werden. Wenn ich zu mir selbst sage „Ich bin gerade etwas<br />
verwirrt“ beziehe ich mich also durch einen Sprechakt auf den Gehalt<br />
meines internen <strong>Selbstmodell</strong>s, der Gr<strong>und</strong>lage meines subjektiven Erleb<br />
nisses. Es gibt demnach ein von meinem Gehirn konstruiertes internes<br />
Repräsentat meiner Verwirrtheit, das in mein aktuelles <strong>Selbstmodell</strong> einge<br />
bettet wurde. Auf den durch dieses mentale Modell meiner Verwirrtheit<br />
erzeugten psychischen Zustand bzw. auf den durch die Veränderung des<br />
<strong>Selbstmodell</strong>s entstandenen veränderten phänomenalen Gehalt meines<br />
Selbstbewußtseins beziehe ich mich mit Hilfe des durch meinen Sprechap<br />
parat erzeugten propositionalen Repräsentats. Dieses propositionale Re<br />
präsentat wird physikalisch (zum Beispiel durch Schallwellen) außerhalb<br />
des Systems realisiert, das ich bin. Das bedeutet: Ein externes Selbstreprä<br />
sentat (in propositionalem Format) wird eingesetzt, um auf ein internes<br />
39 Diese Spekulation äußert auch Clark in seiner Analyse einiger Arbeiten von Rumelhart<br />
<strong>und</strong> Smolensky. Vgl. Clark 1989: 133f, 1987; Rumelhart, Smolensky et al. 1986: 40 44, 46;<br />
Goschke⁄ Koppelberg 1990: 15f.<br />
40 Vgl. hierzu Oatley 1988.