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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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174<br />

3. Kapitel<br />

net: Das <strong>Selbstmodell</strong> wird so zuverlässig <strong>und</strong> schnell aktiviert, daß es<br />

mental nicht als Konstrukt repräsentiert wird zumindest gilt dies für seine<br />

phylogenetisch alten Elemente. Man kann deshalb sagen, daß wir erlebnis<br />

mäßig in einem naiv realistischen Selbstmißverständnis gefangen sind, da<br />

wir den Unterschied zwischen Person <strong>und</strong> phänomenaler Person subjektiv<br />

nicht machen können. Dieses naiv realistische Selbstmißverständnis ist ein<br />

zentrales Charakteristikum unserer Form von Selbstbewußtsein <strong>und</strong> wird<br />

durch die speziellen Mechanismen der Informationsverarbeitung verur<br />

sacht, die dieses Bewußtsein hervorbringen. Es könnte natürlich andere<br />

Formen der Selbstrepräsentation geben, die unter Umständen auch andere<br />

psychologische Eigenschaften mit sich brächten.<br />

Analytische Philosophen haben sich dem Problem der <strong>Subjekt</strong>ivität oft<br />

genähert, indem sie die Logik des Wörtchens „Ich“ akribischen Untersu<br />

chungen unterzogen. Phänomenale <strong>Subjekt</strong>ivität entsteht jedoch durch in<br />

terne Analogrepräsentation <strong>und</strong> nicht durch öffentliche Selbstbezugnahme.<br />

Auf der anderen Seite bedienen sich zumindest menschliche Organismen<br />

auch externer Repräsentationssysteme, um Wissen über sich selbst zu er<br />

werben oder in Kommunikationssituationen auf sich selbst bezugzuneh<br />

men. Externe Repräsentationsprozesse zum Beispiel die sprachliche<br />

Selbstzuschreibung psychologischer Eigenschaften („Ich bin jetzt gerade<br />

etwas verwirrt“) beeinflussen den psychischen Zustand von menschlichen<br />

Personen ohne Zweifel sehr stark, aber sie tun dies nur indirekt. Nach<br />

unserem derzeitigen Kenntnisstand ist es plausibel, anzunehmen, daß die<br />

Bewußtseinszustände <strong>und</strong> psychologischen Eigenschaften von Menschen<br />

sehr eng mit den internen, repräsentationalen Gesamtzuständen ihrer Ge<br />

hirne korreliert sind. 38 Die Entstehung von repräsentationalen Gesamtzu<br />

ständen folgt jedoch, wie wir gesehen haben, völlig anderen Gesetzmäßig<br />

keiten. Externe Symbolketten beinflussen unsere subjektiven Zustände<br />

nur, indem sie durch unsere Gehirne in Form von mentalen Modellen,d.h.<br />

in analogem Format intern abgebildet werden. Es mag sein, daß wir man<br />

che höherstufigen kognitiven Operationen überhaupt erst erlernt haben,<br />

weil wir sie zuerst mit Hilfe externer, physischer Symbolsysteme (Schall<br />

wellen, Schriftzeichen) erbracht haben <strong>und</strong> dann die sequentielle Abfolge<br />

<strong>und</strong> Manipulation externer Repräsentate intern durch mentale Modelle<br />

von Fodor <strong>und</strong> Pylyshyn bezeichnen, die eine interne Syntax besitzen <strong>und</strong> eine regelgeleitete<br />

Transformation von Symbolen durchführen, welche auf formalen Eigenschaften mentaler<br />

Repräsentate beruht. Die Einführung des Terms „semantisch transparentes System“ (STS)<br />

geschieht hier in Anlehnung an Arbeiten von Smolensky; vgl. Smolensky 1987, 1988 mit<br />

der Zielsetzung der Abgrenzung solcher Systeme gegenüber konnektionistischen Systemen, die<br />

repräsentationalen Gehalt intern durch „verborgene Einheiten“ darstellen. Vgl. Clark 1989:<br />

17 21, 111 120.<br />

38 Die Korrelationsthese kann sowohl als Prämisse für Identitätstheorien als auch für<br />

dualistische Interpretationen der psychophysischen Relation fungieren. Dies gilt natürlich<br />

letztlich auch für die Beziehung zwischen phänomenalen <strong>und</strong> repräsentationalen Zuständen:<br />

Aus ihrer Korreliertheit folgt noch nicht ihre Identität. Empirisch plausibel ist dagegen die<br />

These, daß phänomenale Eigenschaften durch bestimmte Kombinationen <strong>und</strong> höherstufige<br />

Verschachtelungen repräsentationaler Zustände instantiiert werden.

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