23.10.2012 Aufrufe

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 171<br />

Ein <strong>Selbstmodell</strong> verkörpert also das Wissen, das ein System intern über<br />

sich selbst gewonnen hat, in einer nicht propositionalen Form. Dieses Wis<br />

sen über sich selbst muß nicht mit der Koinstantiierung von Selbstbewußt<br />

sein einhergehen, also in Form von mentalen Modellen gegeben sein, die<br />

noch einmal durch eine Metamodellierungsfunktion erfaßt werden. In<br />

Wirklichkeit ist nur ein geringer Teil des Wissens, das Menschen über sich<br />

selbst besitzen, ihnen auch als aktueller Inhalt ihres phänomenalen Selbst<br />

bewußtseins gegeben. Ein mit traumhafter Sicherheit über den vom Voll<br />

mond beschienenen Dachfirst schreitender Schlafwandler ist ein Beispiel<br />

für ein System, das ein komplexes, stabiles <strong>und</strong> funktional aktives Selbst<br />

modell erzeugt, ohne daß in ihm ein phänomenales Bewußtsein entsteht.<br />

Wie alle mentalen Modelle besitzen auch <strong>Selbstmodell</strong>e keine Variablen,<br />

keine logische Form <strong>und</strong> keine Grammatik. Das durch sie erzeugte Wissen<br />

ist ein nicht diskursives Wissen. Wenn das richtig ist, dann stellt das erleb<br />

nismäßig nicht hintergehbare jeweilige Modell des Selbst eine innere Form<br />

von Wissen dar, die sprachlich nicht oder zumindest nur teilweise <strong>und</strong><br />

inadäquat ausgedrückt werden kann. <strong>Subjekt</strong>ivität läßt sich nicht in den<br />

Raum intersubjektiver Diskurse transportieren, weil dieser Raum durch<br />

externe, digitale Repräsentate geöffnet wird. Der perspektivische Innen<br />

raum des psychologischen <strong>Subjekt</strong>s dagegen wird durch einen völlig ande<br />

ren Typ von Informationsverarbeitung <strong>und</strong> Repräsentation erzeugt.<br />

Bereits die Tatsache, daß Sie dieses Buch lesen <strong>und</strong> verstehen können,<br />

zeigt jedoch, daß es mit dieser einfachen Unterscheidung nicht getan ist.<br />

Die Situation ist wesentlich komplizierter. Wir wissen bereits, daß Selbst<br />

modelle biologische Instrumente sind, die zu bestimmten Zwecken einge<br />

setzt werden. Auch die Bildung von Gesellschaften war eine erfolgreiche<br />

evolutionäre Strategie, setzte aber bei den Mitgliedern solcher Gesellschaf<br />

ten einen bestimmten Typ von interner Selbstbezugnahme voraus. Sie<br />

mußten sich mental nun auch bezüglich der für Interaktionen mit der<br />

sozialen Umwelt wichtigen Eigenschaften ihrer selbst modellieren. In unse<br />

rem eigenen Fall sind <strong>Selbstmodell</strong>e deshalb immer auch die Modelle von<br />

Sprechern öffentlicher Sprachen, von moralischen Agenten <strong>und</strong> von Perso<br />

nen, die externe, digitale Codes zu vielfältigen Zwecken benutzen. Unsere<br />

Gehirne müssen uns unter anderem als soziale Wesen mental modellie<br />

ren 33 , als Elemente größerer Systeme. Diese größeren Systeme werden aus<br />

Wesen gebildet, von denen vernünftigerweise angenommen werden darf,<br />

daß die meisten von ihnen ihrerseits ein perspektivisches, phänomenales<br />

Bewußtsein entwickelt haben. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen<br />

externer <strong>und</strong> interner Selbstrepräsentation durch verschiedene Mechanis<br />

men lasse ich hier außer acht, da sie nur den Gehalt von <strong>Selbstmodell</strong>en<br />

33 „The model of self is not an abstract representation of certain properties of the cognitive<br />

system, but a model made up from our experience with the physical and social world. According<br />

to this idea, self is a relatively concrete distillation and internalization of our perceptions of<br />

physical effects of our actions and of the social impressions of us that people have verbally and<br />

non verbally conveyed back to us.“ (Oatley 1988: 378f.)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!