Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 169<br />
eine biologische Funktion, sie können als Instrumente oder Waffen inter<br />
pretiert werden. Sie ermöglichen es einem System, eine relevante Teil<br />
menge seiner Eigenschaften intern zu repräsentieren <strong>und</strong> dadurch zu über<br />
wachen. Da <strong>Selbstmodell</strong>e in unserem eigenen Fall innere Analogrepräsen<br />
tate wenn man so will: komplexe „Bilder“ 29 in mehreren Modalitäten<br />
sind, referieren sie nicht auf die sie erzeugenden Systeme, sondern simulie<br />
ren sie. Was das bedeutet, werde ich im folgenden Abschnitt untersuchen.<br />
3. 2. 1 Selbstsimulation <strong>und</strong> Selbstreferenz<br />
Die Erzeugung eines stabilen <strong>Selbstmodell</strong>s ist die Gr<strong>und</strong>lage von Selbstbe<br />
wußtsein <strong>und</strong> der zusammen mit ihm entstehenden psychologischen Eigen<br />
schaften. Inwiefern jedoch wird durch mentale <strong>Selbstmodell</strong>ierung Wissen<br />
geschaffen, Wissen um das eigene Selbst? Im zweiten Kapitel habe ich<br />
mentale Modelle als von manchen Systemen gebildete <strong>und</strong> zu gewissen<br />
Zwecken eingesetzte abstrakte Instrumente der Wissensgewinnung be<br />
schrieben. Dabei habe ich auch auf ein mögliches, empirisch begriffliches<br />
Projekt hingewiesen, welches in der Entwicklung einer Typologie mentaler<br />
Modelle bestünde. Ein solches Unternehmen würde vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
einer repräsentationalen Theorie des Geistes eine möglichst genaue Klassi<br />
fikation von Systemen anhand der von ihnen eingesetzten internen Reprä<br />
sentate zu entwickeln versuchen. Ein wichtiger Bestandteil müßte hier die<br />
Analyse der Formate sein, in denen Repräsentate innerhalb eines Systems<br />
vorliegen. Die vom System gewählte Form der Darstellung hat nämlich<br />
entscheidenden Einfluß auf psychologische „Makro Eigenschaften“ dessel<br />
ben. Sie hat aber auch einen Einfluß auf die epistemischen Resultate der<br />
kognitiven Operationen, die das System mit Hilfe solcher innerer Werk<br />
zeuge der Informationsverarbeitung durchführen kann.<br />
<strong>Selbstmodell</strong>e sind innere Werkzeuge der Informationsverarbeitung. Wie<br />
alle mentalen Modelle haben sie die Aufgabe, die relationale Struktur ihrer<br />
Gegenstände so vollständig wie möglich darzustellen. Sie zeichnen sich<br />
aber dadurch aus, daß das von ihnen modellierte Objekt eben derjenige<br />
kognitive Agent ist, für den sie eine wichtige Funktion besitzen, <strong>und</strong> da<br />
durch, daß dieses Objekt ihnen sowohl über externe als auch über interne<br />
Signalquellen gegeben ist: Wir können uns im Spiegel betrachten <strong>und</strong> ver<br />
stehen sofort, daß unser visuelles Gegenüber identisch ist mit derjenigen<br />
Person, welche uns gleichzeitig phänomenal über das Körpergefühl präsen<br />
tiert wird. 30 Wie alle mentalen Modelle sind auch <strong>Selbstmodell</strong>e Analogre<br />
präsentate. Als solche zielen sie auf Ähnlichkeit ab nicht auf Wahrheit.<br />
<strong>Selbstmodell</strong>e sind nämlich nicht Beschreibungen, sondern innere Bilder.<br />
29 Die Bild⁄ Wort Unterscheidung entstammt selbst dem öffentlichen Bereich, innerhalb<br />
des Gehirns <strong>und</strong> des von ihm geöffneten phänomenalen Raums muß sie natürlich nicht<br />
auftauchen. Deshalb ist mein Gebrauch von „Bild“ nur metaphorisch; vgl. Scholz 1991.<br />
30 Wir fusionieren also ein neues, über die visuelle Modalität aktiviertes mentales Modell<br />
von uns selbst mit einem bereits bestehenden. Dem subjektiven Erlebnis des Wiedererken<br />
nens entspricht die erfolgreiche Einbettung des visuellen Modells unseres Körpers im Spiegel<br />
in das bereits aktive <strong>Selbstmodell</strong>. Vgl. dazu <strong>Metzinger</strong> 1993b <strong>und</strong> Abschnitt 5.2.