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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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164<br />

3. Kapitel<br />

Das Cogito ist nämlich die Beschreibung des phänomenalen Zustandes,<br />

der entsteht, wenn solche mentalen Modelle in ein metarepräsentiertes<br />

<strong>Selbstmodell</strong> eingebettet werden, die<br />

keine räumlichen Parameter besitzen,<br />

keinem Sinnesmodul direkt zugeordnet werden können,<br />

extern in Form propositionaler Repräsentate dargestellt 22 werden kön<br />

nen.<br />

Für das Gehirn ist die mögliche Zuordnung eines mentalen Modells zu<br />

einem Sinnesmodul ein starkes Indiz für die Externalität des Repräsen<br />

tandums, für seine „Weltlichkeit“. Die Korrelation eines mentalen Mo<br />

dells (zum Beispiel eines Gefühls) mit einer wahrnehmbaren Veränderung<br />

im räumlichen Modell des eigenen Körpers als eines ausgedehnten Ob<br />

jekts gibt ihm die Chance, es mit dem evolutionsgeschichtlichen F<strong>und</strong>a<br />

ment des internen Selbstbilds zu verknüpfen. Problematisch ist jedoch für<br />

Systeme wie uns selbst die Modellierunggewisser höherstufiger Systemzu<br />

stände („kognitive Operationen“) als eigene immer dann, wenn diese<br />

keine der beiden oben genannten Eigenschaften besitzen. Diese Situation<br />

zwingt das System, sich selbst als ein Ding mit nicht räumlichen <strong>und</strong><br />

nicht weltlichen Eigenschaften intern zu repräsentieren. Man kann sagen:<br />

Mit dem Auftreten höherer kognitiver Funktionen war das Gehirn ge<br />

zwungen, sein <strong>Selbstmodell</strong> um einen tendenziell stetig anwachsenden<br />

Bereich zu erweitern, der den Organismus intern als transm<strong>und</strong>anes,<br />

nicht geometrisches Objekt repräsentiert. Die philosophische Interpreta<br />

tion dieser komplexen neuroinformatischen Entwicklung <strong>und</strong> ihrer Fol<br />

gen für die phänomenale Struktur unseres psychischen Lebens erfolgte im<br />

abendländischen Kulturkreis durch die Einführung des metaphysischen<br />

<strong>Subjekt</strong>s in all seinen Varianten.<br />

Diesen Zusammenhang zwischen natürlicher <strong>Selbstmodell</strong>ierung (durch<br />

Gehirne) <strong>und</strong> theoretischer <strong>Selbstmodell</strong>ierung (durch philosophische <strong>und</strong><br />

wissenschaftliche Theorien) näher zu untersuchen, ist an dieser Stelle nicht<br />

mein Vorhaben. Vielmehr möchte ich meinen Lesern ein genaueres Gefühl<br />

dafür vermitteln, was mit dem neuen Begriff „<strong>Selbstmodell</strong>“ gemeint ist.<br />

Wie wir sehen, setzt es sich aus über räumliche Relationen dargestellten<br />

Elementen (Körperschema, „Leiberleben“, Emotionen) <strong>und</strong> aus sequentiell<br />

modellierten Inhalten zusammen (kognitive Operationen, „Gedanken“).<br />

Abstrakte kognitive Operationen bringen die Aktivierung solcher mentalen<br />

Modelle mit sich, die sich extern leicht in propositionaler Form wiederge<br />

ben lassen: Unsere Gedanken lassen sich sprachlich leichter ausdrücken<br />

<strong>und</strong> mitteilen, als unsere Gefühle oder Körperwahrnehmungen. Man kann<br />

deshalb solche mentalen Modelle als systeminterne Analogrepräsentate<br />

verstehen, mit denen das System externe Digitalrepräsentate (etwa Sätze in<br />

natürlichen Sprachen) für sich darstellt. Vice versa kann es manche seiner<br />

inneren Analogrepräsentate für andere Systeme in äußeren, digitalen Codes<br />

22 Oder im Sinne von McGinn 1989 durch diese indiziert werden können.

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