Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 161<br />
sten“ Teils des phänomenalen Selbst darum ist unsere Form von <strong>Subjekt</strong>i<br />
vität fast immer leibgeb<strong>und</strong>ene <strong>Subjekt</strong>ivität. Alle später entwickelten For<br />
men mentaler Selbstrepräsentate treten unter Standardbedingungen stets<br />
in Begleitung des räumlichen Modells des Selbst <strong>und</strong> vor dem phänomena<br />
len Hintergr<strong>und</strong> des Verkörpertseins auf. Dabei werden sie immer „un<br />
räumlicher“: Unsere höchsten kognitiven Operationen zeichnen sich nur<br />
noch durch eine zeitlich sequentielle Geordnetheit aus. Denn abstrakte<br />
gedankliche Operationen repräsentieren die meisten Menschen mental nur<br />
noch im Modus des Nacheinander<strong>und</strong> nicht mehr im Modus des Nebenein<br />
ander. Diese Tatsache schafft in unserem eigenen Fall das vorphilosophi<br />
sche Leib Seele Problem. Das vorphilosophische Leib Seele Problem be<br />
ruht auf einer intuitiven Dissonanz in unserem Selbsterleben, welche uns<br />
das theoretische Problem der kausalen Wechselwirkung zwischen mentalen<br />
<strong>und</strong> physischen Zuständen vor aller philosophischen Reflexion auch spü<br />
ren läßt. Es hat das wird nun deutlich seine Wurzeln in einem „techni<br />
schen“ Problem humaner <strong>Selbstmodell</strong>ierung: Wie schafft es ein menschli<br />
ches Gehirn, selbsterzeugte mentale Modelle ohne räumliche Parameter<br />
(zum Beispiel den Gedanken „Ich bin ein Ding, das denkt“)ineinSelbstmo<br />
dell einzubetten, das aus Gründen seiner biologischen Genese auf einem<br />
räumlichen Modell des Systems beruht? Die cartesianische Unterscheidung<br />
zwischen denkenden <strong>und</strong> ausgedehnten Substanzen ist für uns Menschen<br />
genau deshalb nicht unplausibel, weil sie eine Entsprechung in der reprä<br />
sentationalen Struktur unserer <strong>Selbstmodell</strong>e besitzt.<br />
Wir sind Systeme, die sich selbst erklären müssen, wie es möglich ist, daß<br />
sie abstrakte kognitive Operationen mit nicht sensorischen Repräsentaten<br />
zweiter Ordnung durchführen. Wir tun dies, indem wir ein metakognitives<br />
<strong>Selbstmodell</strong> aktivieren: Wir erzeugen ein mentales Modell von uns selbst<br />
als Gedanken <strong>und</strong> begriffliche Erkenntnisse produzierende Wesen.Metakog<br />
nition funktioniert mit einem solchen Modell eines denkenden Selbst, wel<br />
ches mentale Modelle eines ganz bestimmten abstrakten Typs erzeugt. Da<br />
diese Partition des <strong>Selbstmodell</strong>s erlebnismäßig nicht direkt mit dem men<br />
talen Bild unseres Körpers verb<strong>und</strong>en werden kann, weil sie eine andere<br />
Funktion für das System besitzt (nämlich die Überwachung kognitiver<br />
Operationen höherer Ordnung), entstehen eine Reihe von intuitiven Disso<br />
nanzen. Da außerdem diese Partition des <strong>Selbstmodell</strong>s als einer denken<br />
den, nicht räumlichen <strong>und</strong> außersinnlich gegebenen Instanz so schnell akti<br />
viert wird, daß sie auf der phänomenalen Ebene als vor aller inneren<br />
Erfahrung immer schon gegeben erlebt wird, bietet sie sich zu transzenden<br />
talphilosophischen Interpretationen verschiedener Art an. Ich habe bereits<br />
darauf hingewiesen, wie solche phänomenologischen Fehlschlüsse von der<br />
Gehaltskonstanz mentaler Repräsentate auf ihren ontologischen Status<br />
entstehen <strong>und</strong> werde diesen Punkt deshalb hier nicht noch einmal wieder<br />
holen. Es gibt aber andere Klassen von mentalen Modellen, die wesentlich<br />
leichter mit dem mentalen Modell des Körpers, dem repräsentationalen<br />
F<strong>und</strong>ament des <strong>Selbstmodell</strong>s, verb<strong>und</strong>en werden können als kognitive<br />
Repräsentate im engeren Sinne.