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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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16<br />

1. Kapitel<br />

Als Philosophen sind wir aber derzeit weit entfernt davon, Antworten auf<br />

die vielen Probleme im Kontext einer neuzeitlichen Theorie des Geistes<br />

liefern zu können. Im Gegenteil diepräziseAnalysederFragestellungen<br />

muß zum gegenwärtigen Zeitpunkt in unseren Überlegungen eine minde<br />

stens ebenso große Rolle spielen wie die empirische Suche nach möglichen<br />

Teilantworten <strong>und</strong> Lösungselementen. In einer solchen Situation sind zwei<br />

zentrale Kriterien maßgeblich für die Beurteilung provisorischer Versuche.<br />

Erstens muß man fordern, daß solche Versuche nicht mit unserem derzeiti<br />

gen empirischen Wissen kollidieren. Eine Theorie über mentale Zustände<br />

darf nicht in Widerspruch stehen zum jeweiligen Faktenwissen über die<br />

physischen Hintergr<strong>und</strong>bedingungen solcher Zustände. Sie sollte empi<br />

risch plausibel sein <strong>und</strong> das ganze Spektrum subjektiver Bewußtseinszu<br />

stände in ihrem gesamten phänomenologischen Reichtum verständlich<br />

machen können. Und zweitens muß der dieses Faktenwissen synthetisie<br />

rendebegrifflicheKommentarkonsistent sein. Eine wie auch immer<br />

vorläufige Theorie des Geistes muß logischer Überprüfung standhalten<br />

können <strong>und</strong> den größtmöglichen Teil unseres empirischen Wissens erklä<br />

rend integrieren.<br />

WiekönnteeinemoderneTheoriedesGeistesaussehen?Diezukünftige<br />

Theorie wird eine Theorie über mentale Zustände sein: Sie wird uns das<br />

Wesen von Wünschen, Meinungen, Gefühlen oder Wahrnehmungserleb<br />

nissen erklären. Dabei interessiert an erster Stelle, von was mentale Zu<br />

stände Zustände sind sind mentale Zustände die Zustände eines nicht<br />

physischen Einzeldings, etwa die Zustände einer Seele oder sind sie bloß<br />

Zustände unserer Gehirne, vielleicht die Zustände einer von ihnen aufge<br />

bauten Datenstruktur? Wenn das Projekt einer neuen Theorie des Geistes<br />

gelingen soll, so muß uns außerdem in seinem Rahmen verständlich wer<br />

den was es heißt, daß wir Wesen mit einem Innenleben sind. Denn wir sind<br />

Wesen im Besitz einer psychischen Biographie, welche ihnen eine zugleich<br />

rätselhafte <strong>und</strong> würdevolle Perspektive auf sich selbst <strong>und</strong> die Welt ver<br />

leiht. Eine erfolgreiche Theorie des Mentalen müßte auf diese Weise auch<br />

ihren Beitrag liefern zu einer philosophischen Anthropologie, die ein über<br />

zeugendes Bild des Menschen als eines Innerlichkeit besitzenden Wesens<br />

anzubieten hat. Weiterhin muß sie Auskunft geben über die Möglichkeit<br />

<strong>und</strong> das Zustandekommen der durch diese Innerlichkeit mediatisierten<br />

Erkenntnisleistungen, über die kognitive Rolle, diemanchementalenPro<br />

zesse in unserer „epistemischen Ökologie“ spielen, in der Organisation des<br />

komplizierten Netzwerks von Wissensbeziehungen, durch das wir in unsere<br />

Umwelt eingeb<strong>und</strong>en sind. Sie soll aber gleichzeitig von der spezifisch<br />

menschlichen Perspektive abstrahieren <strong>und</strong> nicht in einem psychologi<br />

schen Speziezismus gefangen bleiben. Deshalb muß eine Theorie des Gei<br />

stes, wenn sie befriedigend sein will, auch die Frage nach der Möglichkeit<br />

einer universellen Psychologie die auch Tiere, außerirdische oder künstli<br />

che Systeme erfassen könnte <strong>und</strong> ihrer Beziehung zu einer Erkenntnis<br />

theorie im allgemeinen beantworten können. Und schließlich erhoffen wir<br />

uns von einem solchen metatheoretischen, die Erkenntnisse der Einzelwis

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