Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Mentale Selbstsimulation<br />
Selbstsimulation: M S Sim (S,X,S)<br />
3. Kapitel<br />
XsimuliertSfür S.<br />
X ist ein mentales Selbstsimulat; d. h. es ist das mentale Reprä<br />
sentat eines kontrafaktischen Zustands des Systems als Gan<br />
zem.<br />
das teleologische Zusatzkriterium muß nicht erfüllt sein, denn<br />
es gibt afunktionale Selbstsimulate.<br />
M S Sim ist antisymmetrisch.<br />
Träume <strong>und</strong> komplexe Halluzinationen sind solche Zustände, in denen wir<br />
uns verlieren können, weil das System das wir sind sich in ihnen nur noch<br />
über ein „kontrafaktisches“ <strong>Selbstmodell</strong> intern gegeben ist. Daß diese kriti<br />
sche Distanz zu unseren eigenen inneren Bildern von uns selbst allein durch<br />
Ereignisse auf der physischen Ebene vollkommen zerstört werden kann, ist<br />
die eigentlich demütigende Einsicht, zu der uns das neue, durch die Neuro<br />
<strong>und</strong> Kognitionswissenschaften gezeichnete Bild vom Menschen zwingt: Es<br />
sind wenn wir von der Systemperspektive wieder zur <strong>Subjekt</strong>perspektive<br />
wechseln eben nicht unsere eigenen Bilder von uns selbst. 6 Ich werde in<br />
Abschnitt 3.2.2 auf jene Zustände eingehen, in denen die Ohnmacht des<br />
phänomenalen <strong>Subjekt</strong>s gegenüber dem es konstruierenden System deutlich<br />
wird <strong>und</strong> im Schlußkapitel auf diesen Punkt zurückkommen.<br />
3.1.3 Mentale Selbstpräsentation: Verkörperung<br />
Teilweise kann ein System sich selbst auch in Form mentaler Präsentate,<br />
also durch output entkoppelte, nicht relationale mentale Zustände intern<br />
selbst gegeben sein. Das komplexe Selbstrepräsentat kann wie andere<br />
mentale Modelle auch einen reinen Präsentationsaspekt besitzen, dessen<br />
Gr<strong>und</strong>lage vielleicht die dem jeweiligen Modell zugr<strong>und</strong>eliegende Signal<br />
stärke ist. Beim Menschen gibt es einen Teil des <strong>Selbstmodell</strong>s, der so<br />
lange es überhaupt phänomenales Bewußtsein gibt7 permanent als Präsen<br />
6 Nach Sigm<strong>und</strong> Freuds Kategorisierung der narzißtischen Kränkungen durch die Wissen<br />
schaft (vgl. Freud 1947[1917]: Band XII) ist dies die dritte,nämlichdiepsychologische Demü<br />
tigung: In Freuds Worten besteht sie in der Tatsache, „daß das Ich nicht Herr sei in seinem<br />
eigenen Haus“ (a.a.O.: 7f). Gerhard Vollmer bietet eine Kategorisierung der darauf folgenden<br />
vierten bis neunten Kränkung an, wobei die gegenwärtigen Umwälzungen im Menschenbild<br />
durch das Computermodell des Geistes als Nummer sieben erscheinen. Vgl. Vollmer 1992.<br />
7 Richard Gregory hat unter kontrollierten Versuchsbedingungen mit Hilfe des Anästheti<br />
kums Ketanest eine langsame Reise in die Unbewußtheit angetreten <strong>und</strong> die beim Zerfall des<br />
mentalen Modells der Wirklichkeit <strong>und</strong> des Selbst auftretenden phänomenalen Zustände<br />
genau beschrieben. Vgl. Gregory 1986: 198 208, dazu auch 1988: 260ff sowie seine Bemer<br />
kungen zum Verhältnis des philosophischen <strong>und</strong> des empirischen Bewußtseinsbegriffs in<br />
Gregory 1988. Ketamin (<strong>und</strong> Phencyclidin) sind auch in Zusammenhang mit der Flohrschen<br />
Bewußtseinstheorie (vgl. Flohr 1991, 1992b <strong>und</strong> Abschnitt 2.1.4) interessant, da sie als<br />
NMDA Antagonisten an genau dem Subsystem des Gehirns angreifen, das für die Entstehung<br />
phänomenaler Bewußtheit verantwortlich gemacht wird.