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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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Die <strong>Selbstmodell</strong> Theorie der <strong>Subjekt</strong>ivität 153<br />

durch diesen Zusammenhang wird ein System zu einem Agenten, eswird<br />

zum potentiellen Objekt ethischer Theorien, <strong>und</strong> zwar als mögliches mora<br />

lisches <strong>Subjekt</strong>. Wenn es in der Lage ist, auch andere Systeme als Agenten<br />

mit Interessen <strong>und</strong> Absichten mental zu modellieren, dann tritt es nicht nur<br />

in einen sozialen Zusammenhang ein es wird nun auch auf der psycholo<br />

gischen Ebene zum gesellschaftlichen <strong>Subjekt</strong>.<br />

Ein zweites Merkmal des natürlichen Phänomens innerer Selbstbeobach<br />

tung, das ich durch die Relation M S Rep zu analysieren versuche, ist sein<br />

mereologischer Charakter. Wir sind nämlich im Falle mentaler Selbstreprä<br />

sentation mit einer interessanten Variante von Teil Ganzes Relationen kon<br />

frontiert: Ein Teil eines Systems fungiert als interne Abbildung des Systems<br />

als Ganzem (<strong>und</strong> zwar im Interesse des Systems). Ein Teilbereich seiner<br />

physischen Aktivität (zum Beispiel in seinem zentralen Nervensystem) steht<br />

in einer Ähnlichkeitsrelation zum System als Ganzem. 3 Vieles, was ich im<br />

vorangegangenen Kapitel über mentale Repräsentation <strong>und</strong> analoge Darstel<br />

lungsformen gesagt habe, gilt mutatis mutandis für den Sonderfall, der jetzt<br />

unser Thema ist. Unter anderem gilt auch, daß sich das System durch Erzeu<br />

gung innerer Repräsentate bis hinunter auf die physische Ebene ständig<br />

selbst verändert. Für komplexe Selbstrepräsentationssysteme vom biologi<br />

schen Typ gilt: <strong>Selbstmodell</strong>ierung geht einher mit Selbstveränderung. Diese<br />

psychophysische Prozessualität bedeutet für den Gehalt des Selbstrepräsen<br />

tats, daß er da die ihn erzeugenden physischen Vorgänge eine zeitliche<br />

Dimension besitzen der Wirklichkeit immer schon hinterherhinkt. Das<br />

Selbstrepräsentat kann aus prinzipiellen Gründen niemals ein vollständiges<br />

Repräsentat werden, da es Resultat einer Systemveränderung ist, die nicht in<br />

„Echtzeit“ eingefangen werden kann. 4<br />

Die Klasse der mentale Selbstrepräsentate erzeugenden physischen Sy<br />

steme überschneidet sich drittens mit einer anderen Klasse von formalen<br />

Strukturen, die vornehmlich durch die Mathematik erforscht worden sind,<br />

nämlich mit selbstähnlichen Strukturen. Ich habe bereits in Abschnitt 2.2.1<br />

darauf hingewiesen, daß mentale Modelle eine ganz andere Form von<br />

delns analysieren: Theoretisches Abzielen besteht in der Aktivierung <strong>und</strong> Bearbeitung von<br />

mentalen Modellen (dem Einsatz von abstrakten Organen bei inneren Handlungen) <strong>und</strong><br />

praktisches Abzielen in der Aktivierung von „motorischen Simulaten“ (die als kausale Anteze<br />

dentien von äußeren Handlungen mit Hilfe der konkreten Effektoren fungieren).<br />

3 In einem schwächeren <strong>und</strong> trivialeren Sinne gilt dies auch für das physikalische Univer<br />

sum als Ganzes: Dadurch, daß Systeme in ihm auftauchen, die interne Modelle der Welt<br />

erzeugen, wird es zu einem (schwach) selbstähnlichen System es gewinnt eine neue Qualität<br />

hinzu.<br />

4 Wie aus den Versuchen von Libet 1973, 1979 et al. hervorgeht, sind phänomenales<br />

Zeiterleben <strong>und</strong> die faktische zeitliche Strukturierung des Informationsflusses im Gehirn<br />

nicht dasselbe. Für mentale Repräsentate im allgemeinen gilt nicht unbedingt, daß ihr Gehalt<br />

(abgesehen von seiner Datierung) „der Welt hinterherhinkt“. Wenn man nämlich annimmt,<br />

daß Zustände der Welt sich manchmal über einen gewissen Zeitraum nicht ändern, dann kann<br />

es prinzipiell auch eine Episode des mentalen Repräsentationsvorgangs geben, in der es ein<br />

aktives Komplett Repräsentat dieses Zustandes gibt, das den betreffenden Weltausschnitt ein<br />

fängt.

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