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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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150<br />

2. Kapitel<br />

eine universelle Psychologie entwickeln könnten. Auf der höchsten Stufe<br />

einer repräsentationalen Theorie des Geistes kann man in diesem Zusam<br />

menhang das folgende Projekt formulieren: Wir benötigen eine phänome<br />

nologisch, empirisch <strong>und</strong> begrifflich plausible Typologie mentaler Modelle<br />

der Wirklichkeit. Denn der Reichtum der dem menschlichen Gehirn zu<br />

gänglichen internen Weltkonstruktionen ist kaum zu überschätzen funk<br />

tionale Komplexität erzeugt phänomenale Komplexität. 259 Wenn die Über<br />

gänge zwischen den vielen möglichen mentalen Wirklichkeitsmodellen<br />

nicht fließend sind <strong>und</strong> es sich herausstellen sollte, daß es diskrete Typen<br />

von repräsentationalen Gesamtzuständen gibt, dann könnte dieses Faktum<br />

das F<strong>und</strong>ament für eine naturalistische Theorie über die einem System<br />

möglichen Bewußtseinszustände bilden. Diskrete mentale Weltmodelle<br />

sind diskrete Bewußtseinszustände.<br />

Eines der lohnendsten theoretischen Unternehmen in diesem Zusam<br />

menhang wird es sein, die strukturellen Kriterien zu analysieren, anhand<br />

derer wir verschiedene Klassen von repräsentationalen Gesamtzuständen<br />

voneinander unterscheiden können. Eine solche Analyse würde uns für ein<br />

gegebenes System die Palette <strong>und</strong> die Varianz der ihm zugänglichen inter<br />

nen Realitätsmodelle liefern sie würde uns eine naturalistische Theorie<br />

seines phänomenalen Spektrums anbieten. Ich werde dieses Projekt hier<br />

nicht verfolgen, weil ich nur an einer ganz bestimmten Teilmenge mentaler<br />

Weltmodelle interessiert bin. Es ist jene Klasse von internen Modellen der<br />

Wirklichkeit, die mit <strong>Subjekt</strong>ivität eine theoretisch schwer zu fassende<br />

psychologische Eigenschaft instantiieren.<br />

Wir erinnern uns: Die drei phänomenologischen Säulen des <strong>Subjekt</strong>ivi<br />

tätsproblems sind der qualitative Gehalt <strong>und</strong> die Bewußtheit phänomena<br />

ler Zustände, sowie die Tatsache, daß sie an ein Selbst geb<strong>und</strong>en zu sein<br />

scheinen. Aus dem bisher Gesagten mag vielleicht hervorgehen, wie man<br />

das Problem des qualitativen Gehalts über den spezifischen Signalaspekt<br />

unterschiedlicher mentaler Modelle (d. h. durch ihre Unterlegung mit Prä<br />

sentaten) lösen könnte <strong>und</strong> die Frage nach der Bewußtheit durch eine<br />

Analyse metarepräsentationaler Prozesse. Der Kern des philosophischen<br />

Problems besteht jedoch in der phänomenalen „Meinigkeit“ einer philo<br />

sophisch sehr interessanten psychologischen Eigenschaft, die nur durch<br />

eine ganz bestimmte Klasse mentaler Weltmodelle instantiiert wird. Diese<br />

Klasse ist die Klasse der zentrierten Weltmodelle. Sie weisen ein strukturel<br />

les Merkmal auf, das die Charakteristik unserer inneren Erfahrung ent<br />

scheidend prägt. Was das bedeuten soll, werde ich in dem nun folgenden<br />

Kapitel zu erläutern versuchen.<br />

259 Churchland (1989: 131) macht eine amüsante Milchmädchenrechnung bezüglich der<br />

Anzahl der dem menschlichen Gehirn möglichen internen Konfigurationen auf (nämlich<br />

10 100 000 000 000 000; im Vergleich dazu: die Zahl der Elementarteilchen im Universum wird auf 10 87<br />

geschätzt).

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