Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Mentale Repräsentation <strong>und</strong> phänomenale Zustände 149<br />
nalen Ebene bloß eine bizarre Verkettung mentaler Simulate entsteht, so ist<br />
es wohl doch nicht die pure Aktivität eines „internen Zufallsgenerators“ 258 ,<br />
die durch den Prozeß des Träumens mental modelliert wird. Und auch die<br />
Interpretationsmechanismen, die unser Gehirn einsetzt, um in der Kon<br />
frontation mit einer internen Signalquelle noch ein möglichst konsistentes<br />
Weltmodell zu erzeugen, tragen Information zum Beispiel über die Per<br />
sönlichkeitsstruktur des Träumers. In diesem Sinne könnte man sagen:<br />
Träume sind multidimensionale Rorschach Tests, in deren Verlauf das Ge<br />
hirn des Träumenden selbsterzeugte Zufallsfiguren zu einer komplexen<br />
Erzählung zusammensetzt, zu einem „inneren Märchen“. In Form einer<br />
Kette von konkreten subjektiven Erlebnissen manifestiert sich in diesem<br />
Märchen die Geschichte <strong>und</strong> die aktuelle Konfiguration des Systems, die<br />
Art <strong>und</strong> Weise in der es die Welt deutet. Träume sind also nicht epistemisch<br />
vollkommen leere Artefakte ohne biologische Funktion, sondern ein ganz<br />
bestimmter Typ von exklusiv internem Realitätsmodell, das nicht als sol<br />
ches erkannt wird. Sie werden durch ein episodisch wiederkehrendes physi<br />
sches Ereignis (die Enthemmung sensomotorischer Schaltkreise als Folge<br />
einer Deaktivierung inhibitorischer, aminerger Neuronen) ausgelöst <strong>und</strong><br />
zeichnen sich gegenüber dem Wachzustand durch eine Reihe kognitiver<br />
Defizite aus. Das theoretisch interessanteste dieser Defizite ist ein meta<br />
kognitives: Das entstehende Realitätsmodell wird vom System selbst irr<br />
tümlicherweise in die Standard Kategorie „Wachzustand“ eingeordnet.<br />
Das führt zum Ausfall einer wichtigen psychologischen Eigenschaft, näm<br />
lich der Zustandsklarheit: Träumerwissen nicht, daß sie Träumer sind.<br />
Beenden wir hier unseren kurzen Blick auf abweichende Formen der<br />
mentalen Weltmodellierung. Ich hoffe, daß nun etwas klarer geworden ist,<br />
was ein mentales Modell der Wirklichkeit ist. Wir sollten jetzt zu unserem<br />
zentralen Thema zurückkehren indem wir uns der Frage zuwenden, welche<br />
Klasse von Realitätsmodellen es ist, die ein sie erzeugendes informations<br />
verarbeitendes System zu einem System mit subjektiven Zuständen ma<br />
chen.<br />
2.3.3 Monozentrierte Weltmodelle<br />
Mentale Modelle der Welt sind die größten <strong>und</strong> umfassendsten internen<br />
Datenstrukturen, die wir kennen. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß<br />
eines der wichtigsten Desiderate für jede auf dem Begriff der mentalen<br />
Repräsentation aufbauende philosophische Theorie des Geistes eine Typo<br />
logie mentaler Modelle sein wird. Eine solche Typologie wird mentale<br />
Universalien begrifflich als Klassen von mentalen Modellen analysieren<br />
<strong>und</strong> uns Auskunft darüber geben müssen, ob es spezies <strong>und</strong> realisierungs<br />
unabhängige Arten von mentalem Gehalt gibt, auf deren Gr<strong>und</strong>lage wir<br />
258 Vgl. Crick ⁄ Mitchison 1983, aber auch neuere Erkenntnisse über die funktionale Rolle<br />
des REM Schlafes in Winson 1991.