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Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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148<br />

2. Kapitel<br />

ren. Die neurobiologischen Gr<strong>und</strong>lagen dieser funktionalen Situation sind<br />

klar nachweisbar, sie bestehen in einer postsynaptischen Hemmung im<br />

letzten Bereich des gemeinsamen Pfads der Motorneuronen im Hirnstamm<br />

<strong>und</strong> im Rückenmark. 257<br />

(2) Input Blockade: Träume sind Zustände, in denen periphere Signale nur<br />

selten zu den zentralen Mechanismen der Informationsverarbeitung durch<br />

dringen können. Träumen ist also kein Vorgang der normalen Makro Re<br />

präsentation, weil seine Repräsentanda nicht aus überwiegend externen<br />

Ereignissen oder Situationen bestehen, die mentale Repräsentate auf dem<br />

Weg über die Standard Kausalketten aktivieren. Deswegen sind Träume<br />

epistemisch leer zumindest in bezug auf den jeweils aktuellen Zustand der<br />

Systemumwelt der ihnen zugr<strong>und</strong>eliegende Informationsfluß ist ein aus<br />

schließlich interner. Es gibt zwei gute Hypothesen bezüglich der neurobio<br />

logischen Realisierung dieser funktionalen Eigenschaft im menschlichen<br />

Gehirn, die von einer präsynaptischen Inhibition bestimmter afferenter<br />

Nerventerminals sowie gewisser Nuclei im Hirnstamm bzw. im Thalamus<br />

auf der einen Seite <strong>und</strong> von einer „Verstopfung“ bzw. „Überschwemmung“<br />

höherer sensorischer Schaltkreise durch intern erzeugte mentale Simulate<br />

auf der anderen Seite ausgehen.<br />

3) Interne Signalerzeugung: Das träumende Gehirn verarbeitet selbster<br />

zeugte Eigenreize wie externen Input. Die philosophisch interessante Frage<br />

ist hier, ob diese Eigenreizung eine Informationsquelle im engeren Sinne<br />

darstellt oder nur eine Sequenz von Zufallsereignissen auf der physischen<br />

Ebene. Ein guter vorläufiger Kandidat für die dem Gehalt von Traumerleb<br />

nissen zugr<strong>und</strong>eliegende Signalquelle sind vielleicht die sogenannten<br />

„PGO Wellen“. Im fraglichen Bereich des Hirnstamms gibt es nämlich eine<br />

gegenseitige Wechselwirkung zwischen aminergen <strong>und</strong> cholinergen Neuro<br />

nen. Der Beginn von Traumphasen wird durch ein periodisches Zurruhe<br />

kommen der aminergen Systeme eingeleitet, was wiederum zu einer Ent<br />

hemmung funktional mit ihnen verknüpfter Einheiten <strong>und</strong> dann zum<br />

Entstehen der PGO Wellen in der pontinen Formatio reticularis führt.<br />

Diese sich in den Thalamus <strong>und</strong> von dort in die visuellen <strong>und</strong> Assoziations<br />

cortices fortpflanzenden starken Impulse führen unter anderem zu nach<br />

weisbaren, geordneten <strong>und</strong> deutlich koordinierten Erregungsmustern in<br />

den okulomotorischen, vestibulären <strong>und</strong> visuell sensorischen Zentren.<br />

Interessant ist dabei, daß die intern erzeugte Information zumindest eine<br />

starke Raumspezifizität besitzt: Die den PGO Wellen zugr<strong>und</strong>eliegende<br />

Zellaktivität bildet die gerichtete Aktivität der Augenbewegungen auf der<br />

Ebene des Hirnstamms noch einmal ab. Träume sind also nicht völlig<br />

sinnlos, ihre Repräsentanda sind geordnete interne Systemprozesse. Auch<br />

wenn diese Prozesse nicht als solche erkannt werden <strong>und</strong> auf der phänome<br />

257 Hier <strong>und</strong> im folgenden stütze ich mich, was die empirischen Daten angeht, hauptsäch<br />

lich auf Hobson 1987 <strong>und</strong> Hobson 1977.

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