Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints

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23.10.2012 Aufrufe

132 2. Kapitel greater informational content to one of lesser informational content. Digital conversion is a process in which irrelevant pieces of information are pruned away and discarded. Until information has been lost, or discarded, an infor mation processing system has failed to treat different things as essentiallythe same. It has failed to classify or categorize, failed to generalize, failed to „recognize“ the input as being the instance (token) of a more general ty pe. 219 Konnektionistische Systeme sind in der Lage, auch durch die Erzeugung analoger Strukturen Generalisierungen und Begriffsbildungen vorzuneh men, indem sie Prototypen aktivieren. 220 Wenn das betreffende System ein menschliches Gehirn ist und der von ihm erzeugte Prototyp zum Beispiel der Prototyp einer Katze die Bedingungen erfüllt, die ihn zu einem potentiellen Bewußtseinsinhalt machen, dann kann man vom mentalen Modell des Begriffs der Katze sprechen. Das mentale Modell der Katze muß dabei keine kontextunabhängige, stabile Begriffsstruktur aufweisen, wie wir sie von natürlichen Sprachen und anderen externen Repräsenta tionssystemen kennen. Mentale Modelle sind Werkzeuge, die von Personen eingesetzt werden, um Wissen über die Welt zu erwerben und Handlungen zu steuern. 221 Welches innere Werkzeug eine Person in einer gegebenen Situation in sich erzeugt, hängt aber nicht nur von dem gegebenen Problem ab, sondern auch von ihrem internen Globalzustand: Wenn ein bestimmtes Modell sich problemlos in das aktuelle Modell der Welt einbetten läßt, ist dies für das System ein Indiz für hohen epistemischen Gehalt. Wenn die relationale Struktur eines mentalen Simulats sich ohne Schwierigkeiten in die relationale Gesamtstruktur des Weltmodells einbinden läßt, dann ist diese Entdeckung nämlich ein Anzeichendafür, daß es sich um eine erfolg reiche, funktionierende interne Struktur handelt, die das Ziel der maxima len Ähnlichkeit oder Isomorphie mit ihrem Repräsentandum weitgehend erreicht. Was für satzartige Strukturen Wahrheit ist, heißt für von Biosyste men erzeugte Analogrepräsentate funktionale Adäquatheit. Damit ist für menschliches, nicht pathologisches Wachbewußtsein die erste Form von Wissen benannt: Mein Modell der Welt inkorporiert einen Teil meines Wissens über die Welt. Das bedeutet nicht, daß mir als dem dieses Modell in sich erzeugenden physischen Gesamtsystem dieses Wis sen in Form aktuell bewußter mentaler Modelle gegeben sein muß. Vor allem bedeutet es nicht, daß mir dieses Wissen in Form einer mir selbst bewußten propositionalen Einstellung der Art „Ich weiß, daß p“ mental gegeben sein muß. Wir erinnern uns: Mentale Modelle besitzen keine logi sche Form und keine Grammatik. Das bedeutet unter anderem, daß durch 219 Vgl. Dretske 1981: 141. 220 Vgl. zum Beispiel Churchland 1989, Kapitel 10. 221 „Person“ ist hier vorerst in einem Strawsonschen Sinne gemeint: Personen sind logisch primitive theoretische Entitäten, auf die sowohl psychologische als auch physikalische Prädi kate angewendet werden können. Man darf sie nicht mit phänomenalen Personen verwech seln. „Phänomenale Personen“ sind die mentalen Modelle, die Personen intern von sich selbst konstruieren. Vgl. Strawson 1972 und das nächste Kapitel.

Mentale Repräsentation und phänomenale Zustände 133 mentale Modelle nicht diskursives Wissen generiert wird. Dieses nicht dis kursive Wissen zeichnet sich dadurch aus, daß es durch ein erlebnismäßig nicht hintergehbares internes Modell der Welt dargestellt wird. Das Format der zur internen Darstellung verwendeten Repräsentate und Simulate ist einanalogesunddasKriterium,nachdemihrepistemischerGehaltvom System beurteilt wird, ist die Einbettbarkeit in einen repräsentationalen Gesamtzustand. Propositionen befinden sich in logischen Räumen (und nicht in unseren Köpfen 222 ) und die empirischen Belege für das Vorhandensein interner Satzanaloga in biologischen Gehirnen sind nicht besonders stark. Natürlich kann es mentale Modelle von Propositionen und Sätzen in öffentlichen Sprachen geben in der Tat scheint das zentrale Spezifikum der typisch menschlichen Form von Kognition und Rationalität in der Interaktion von diskursivem Wissen durch externe, sozial generierte und digitale Repräsen tationscodes und nicht diskursivem, internem und durch Gehirnzustände erzeugtem, analogem Wissen zu sein. Subjektives Wissen jedoch ist immer Wissen außerhalb von Sätzen, es ist Wissen durch Analogizität und Ähn lichkeit und nicht durch Wahrheit und Falschheit. 223 Intersubjektives Wis sen etwa in Form wissenschaftlicher Theorien 224 dagegen bedient sich externer Repräsentate in einem digitalen Format. Wären die zur Erzeugung subjektiven Wissens eingesetzten internen Strukturen auch Sätze, dann würde dies das Problem der Intentionalität bloß in Richtung auf das Pro jekt einer Semantik für die Language of Thought verschieben. An diesem Punkt wird die Überlegenheit der von mir in den vergangenen Abschnitten angedeuteten Theorie mentaler Repräsentation deutlich: Die zentralen En titäten mentale Modelle sind bereits in einen kausal teleologischen Kontext eingebettet, weil sie vom System benutzte Instrumente sind, die in sich eine Steuer , eine Repräsentations und eine Vorhersage bzw. Simula tionsfunktion vereinigen. Sie müssen nicht interpretiert werden, weil sie funktional aktive Strukturen 225 innerhalb eines Systems sind, welches be stimmte Probleme lösen und gewisse Ziele verfolgen muß. Ihr Gehalt ist ihr Gebrauch. Eine sententialistische Theorie mentaler Repräsentation wie die Fodor sche hat auf der anderen Seite den Vorteil, mit wesentlich weniger struktu 222 Colin McGinn hat die Beziehung zwischen Propositionen (die Zustände der Welt be schreiben und durch sie individuiert werden) und mentalen Modellen (die Eigenschaften, Zustände und Prozesse der Welt simulieren sowie durch Gehirnprozesse aktiviert werden) als Indikation analysiert. Propositionen indizieren („aus dem logischen Raum heraus“) diejeni gen mentalen Modelle „states of the head“ die propositionale mentale Zustände realisieren. Da Propositionen durch ihre Referenten individuiert werden, werden mentale Modelle indi rekt indiziert durch Zustände der Welt. Vgl. hierzu McGinn 1989: 209ff. 223 Subjektives propositionales Wissen könnte, wie bereits mehrfach angedeutet, in der mentalen Simulation von externen Symbolmanipulationsvorgängen bestehen. 224 Auch Theorien kann man als interne Repräsentationen interpretieren: Das sie erzeu gende System ist die Wissenschaftlergemeinschaft. 225 Vgl. McGinn 1989, Kapitel 2.

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Konnektionistische Systeme sind in der Lage, auch durch die Erzeugung<br />

analoger Strukturen Generalisierungen <strong>und</strong> Begriffsbildungen vorzuneh<br />

men, indem sie Prototypen aktivieren. 220 Wenn das betreffende System ein<br />

menschliches Gehirn ist <strong>und</strong> der von ihm erzeugte Prototyp zum Beispiel<br />

der Prototyp einer Katze die Bedingungen erfüllt, die ihn zu einem<br />

potentiellen Bewußtseinsinhalt machen, dann kann man vom mentalen<br />

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muß dabei keine kontextunabhängige, stabile Begriffsstruktur aufweisen,<br />

wie wir sie von natürlichen Sprachen <strong>und</strong> anderen externen Repräsenta<br />

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eingesetzt werden, um Wissen über die Welt zu erwerben <strong>und</strong> Handlungen<br />

zu steuern. 221 Welches innere Werkzeug eine Person in einer gegebenen<br />

Situation in sich erzeugt, hängt aber nicht nur von dem gegebenen Problem<br />

ab, sondern auch von ihrem internen Globalzustand: Wenn ein bestimmtes<br />

Modell sich problemlos in das aktuelle Modell der Welt einbetten läßt, ist<br />

dies für das System ein Indiz für hohen epistemischen Gehalt. Wenn die<br />

relationale Struktur eines mentalen Simulats sich ohne Schwierigkeiten in<br />

die relationale Gesamtstruktur des Weltmodells einbinden läßt, dann ist<br />

diese Entdeckung nämlich ein Anzeichendafür, daß es sich um eine erfolg<br />

reiche, funktionierende interne Struktur handelt, die das Ziel der maxima<br />

len Ähnlichkeit oder Isomorphie mit ihrem Repräsentandum weitgehend<br />

erreicht. Was für satzartige Strukturen Wahrheit ist, heißt für von Biosyste<br />

men erzeugte Analogrepräsentate funktionale Adäquatheit.<br />

Damit ist für menschliches, nicht pathologisches Wachbewußtsein die<br />

erste Form von Wissen benannt: Mein Modell der Welt inkorporiert einen<br />

Teil meines Wissens über die Welt. Das bedeutet nicht, daß mir als dem<br />

dieses Modell in sich erzeugenden physischen Gesamtsystem dieses Wis<br />

sen in Form aktuell bewußter mentaler Modelle gegeben sein muß. Vor<br />

allem bedeutet es nicht, daß mir dieses Wissen in Form einer mir selbst<br />

bewußten propositionalen Einstellung der Art „Ich weiß, daß p“ mental<br />

gegeben sein muß. Wir erinnern uns: Mentale Modelle besitzen keine logi<br />

sche Form <strong>und</strong> keine Grammatik. Das bedeutet unter anderem, daß durch<br />

219 Vgl. Dretske 1981: 141.<br />

220 Vgl. zum Beispiel Churchland 1989, Kapitel 10.<br />

221 „Person“ ist hier vorerst in einem Strawsonschen Sinne gemeint: Personen sind logisch<br />

primitive theoretische Entitäten, auf die sowohl psychologische als auch physikalische Prädi<br />

kate angewendet werden können. Man darf sie nicht mit phänomenalen Personen verwech<br />

seln. „Phänomenale Personen“ sind die mentalen Modelle, die Personen intern von sich selbst<br />

konstruieren. Vgl. Strawson 1972 <strong>und</strong> das nächste Kapitel.

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