Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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Mentale Repräsentation <strong>und</strong> phänomenale Zustände 119<br />
Körper <strong>und</strong> seinen Handlungsorganen verb<strong>und</strong>en sind, wird die Aktivierung<br />
mentaler Modelle („motorischer Simulate“) in diesen Bereichen andere Fol<br />
gen haben als die Aktivierung mentaler Modelle in kognitiven Modulen oder<br />
Subsystemen des Gehirns. Ähnliche distribuierte Repräsentate in einem Pa<br />
rallelsystem werden durch ähnliche Aktivierungszustände erzeugt, die wie<br />
derum ähnliche kausale Rollen innerhalb der funktionalen Architektur des<br />
Systems spielen. Das Aufregende an dem Begriff der „distribuierten Reprä<br />
sentation“ ist nicht nur, daß er wahrscheinlich in einem gewissen Ausmaß<br />
neurobiologisch realistisch ist 187 <strong>und</strong> daß man den Begriff des „mentalen<br />
Modells“ allem Anschein nach unter ihn subsumieren kann. Wirklich brisant<br />
wird er dadurch, daß er uns ein mathematisch exaktes Ähnlichkeitsmaß<br />
anbietet, nachdem wir nicht nur die Ähnlichkeit des Gehalts zweier Reprä<br />
sentate beurteilen können, sondern falls wir die physikalischen Eigenschaf<br />
ten des sie aktivierenden physikalischen Systems gut genug kennen auch<br />
eines für die Ähnlichkeit der kausalen Rolle. 188 Mit anderen Worten: Ähnli<br />
che mentale Simulationen in den motorischen Regionen werden ceteris<br />
paribus auch zu ähnlichem motorischem Output führen. Handeln besteht<br />
in der Aktivierung <strong>und</strong> Manipulation einer ganz bestimmten Klasse von<br />
mentalen Modellen, nämlich solchen mentalen Modellen, die über ihre neu<br />
robiologischen Aktivierungsbedingungen mit den physikalischen Ursachen<br />
gewisser Verhaltensmuster gekoppelt sind.<br />
Fassen wir kurz zusammen. Mentale Modelle sind multimodale Analog<br />
187 Vgl. jedoch Fußnote 2. Mentale Modelle vereinigen im Gegensatz zu internen Satzana<br />
loga Repräsentations <strong>und</strong> Steuerfunktion, weil sie einen Teil der relationalen Struktur ihres<br />
Objektes simulieren. Sowohl unsere neuronale wetware als auch mentale Modelle weisen eine<br />
komplexe relationale Struktur auf: Erregungsmuster in Gehirnen kann man als dynamische<br />
relationale Datenstrukturen in Biosystemen begreifen, die ihren intentionalen Gehalt über<br />
ihre relationale Struktur darstellen <strong>und</strong> umwandeln. Das Verhalten des Systems wird dadurch<br />
gesteuert, daß diese Veränderungen gleichzeitig den Informationsfluß <strong>und</strong> auch komplexe<br />
physikalische Eigenschaften des Systems verändern.<br />
188 Über die für eine Modellierung kognitiver Fähigkeiten interessanten Eigenschaften<br />
distribuierter Repräsentate schreibt Gerhard Helm: „Alle diese Eigenschaften beruhen im<br />
Gr<strong>und</strong>e genommen auf einem Punkt: Die Repräsentationen können als Vektoren betrachtet<br />
werden, für die es. . . ein mathematisch exaktes Ähnlickeitsmaß gibt. [FUSSNOTE: Neben dem<br />
oben erwähnten Winkel zwischen zwei Vektoren im Vektorraum wird oft auch die Distanz<br />
zwischen zwei Punkten betrachtet, die die (normierten) Vektoren im Vektorraum repräsentie<br />
ren. Beide Ähnlichkeitsmaße sind äquivalent, d. h., sie führen nicht zu unterschiedlichen Ähn<br />
lichkeitsbeziehungen zwischen verschiedenen Vektoren.] Daraus ergibt sich, daß die intuitive<br />
semantische Ähnlichkeit von Begriffen, die sich in der Anzahl der gemeinsamen „features“<br />
niederschlägt, mathematisch exakt dargestellt (<strong>und</strong> ausgewertet) werden kann. Die semantische<br />
Ähnlichkeit zweier Begriffe spiegelt sich daher direkt in der repräsentierenden Struktur (in der<br />
„Syntax“) wider. Betrachtet man einen Vektor einmal als eine Art von „Symbol“ (in dem Sinn,<br />
daß ein Symbol etwas ist, was eine Bedeutung trägt;. . .) so ist leicht einzusehen, wie bei<br />
konnektionistischen Systemen „die kausale Rolle mit dem Inhalt zur Deckung gebracht wird,<br />
indem man die Parallelen zwischen der Syntax eines Symbols <strong>und</strong> seiner Semantik ausnutzt.“<br />
[FUSSNOTE: Fodor (1987), S. 19 (Fodor selbst bezieht sich mit dieser Äußerung natürlich auf<br />
klassische Architekturen).] Semantisch ähnliche Begriffe werden durch ähnliche Vektoren reprä<br />
sentiert <strong>und</strong> ähnliche Vektoren spielen auch eine ähnliche kausale Rolle im System.“Vgl. Helm<br />
1990: 184.