Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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2. Kapitel<br />
fig zu Konfusionen führt, ist die Tatsache, daß die Kategorie des „Objekts“<br />
eine Art von Kategorie natürlicher Zeichen darzustellen scheint, die<br />
menschliche Gehirne intern häufig verwenden, weil sie sich als funktional<br />
erfolgreich herausgestellt hat. Das sagt aber nichts über das Wesen der<br />
Wirklichkeit im allgemeinen aus, sondern nur über die repräsentationale<br />
<strong>und</strong> funktionale Architektur gewisser natürlicher Systeme. Und schließlich<br />
darf man die Tatsache, daß unser Gehirn Teile des Inputstroms als Objekte<br />
modelliert, nicht so mißverstehen, daß man sagt, die mentalen Modelle<br />
seien selbst Gegenstände dann hätte man nicht nur eine falsche Theorie,<br />
sondern auch ein falsches mentales Modell mentaler Modelle. 184<br />
(9) Mentale Modelle sind funktional aktiv.<br />
Mentale Modelle sind Strukturen, die nicht nur einen Gehalt besitzen,<br />
sondern idealerweise auch ein funktionales Profil. Von bloßen Analogre<br />
präsentaten unterscheidet sie, daß sie eine kausale Rolle in der inneren<br />
Ökologie des sie erzeugenden Systems spielen. Diesen Punkt hat vor einem<br />
halben Jahrh<strong>und</strong>ert bereits Kenneth Craik betont, auf den ich gleich noch<br />
einmal kurz zurückkommen werde. Da mentale Modelle Datenstrukturen<br />
sind, die in informationsverarbeitenden Systemen zum Beispiel durch eine<br />
große Anzahl gleichzeitig ablaufender (aber prinzipiell physikalisch be<br />
schreibbarer) Mikro Ereignisse erzeugt werden, können sie unter solchen<br />
Beschreibungen auch andere physikalische Ereignisse verursachen <strong>und</strong> so<br />
einen Einfluß auf das Verhalten des Systems haben. Wenn wir eine Entität<br />
nachweisen könnten, die über ihren Gehalt individuiert wird <strong>und</strong> gleichzei<br />
tig qua Ereignis unter einer physikalischen Beschreibung in gesetzesartige<br />
Korrelationen eintreten kann, wenn wir also die Nomizität von mentalem<br />
Gehalt185 demonstrieren könnten, hätten wir nebenbei das Leib Seele Pro<br />
blem gelöst.<br />
Das Leib Seele Problem löst man jedoch nicht durch die Einführung<br />
programmatisch hypothetischer Terme186 , sondern dadurch, daß diese Ter<br />
me mit empirischem Gehalt gefüllt werden. Dafür ist es noch zu früh. Aus<br />
konnektionistischer Perspektive kann man jedoch sagen: Konnektionisti<br />
sche Systeme transformieren interne Analogrepräsentate, durch Aktivie<br />
rungsvektoren beschreibbare Netzwerkzustände, in andere interne Analog<br />
repräsentate. Betrachtet man nun das Gehirn als ein konnektionistisches<br />
System, dann wird deutlich, daß Aktivierungszustände in den motorischen<br />
Regionen andere kausale Konsequenzen haben werden als, sagen wir, Akti<br />
vierungszustände in bestimmten Bereichen des visuellen Cortex. Da man<br />
che Teile des Gehirns über efferente Nervenbahnen mit dem restlichen<br />
184 Man sieht, daß das die abendländische Philosophie so stark bestimmende Substanz At<br />
tribut Denken seine Wurzeln unter anderem in Eigenheiten natürlich entstandener, unbewuß<br />
ter <strong>und</strong> subpersonaler Repräsentationsfunktionen im menschlichen Gehirn besitzt. Damit ist<br />
natürlich nichts über den Status der mit ihm häufig verknüpften Ontologie gesagt.<br />
185 Vgl. Bieri 1990, Davidson 1981.<br />
186 Kriterien für eine Theorie zur Lösung des Leib Seele Problems habe ich in <strong>Metzinger</strong><br />
1985, 1990 entwickelt.