Metzinger · Subjekt und Selbstmodell - Cogprints
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110<br />
2. Kapitel<br />
In unserem Zusammenhang besteht das wichtigste Charakteristikum<br />
analoger Repräsentate in ihrer partiellen relationalen Homomorphiebezüg<br />
lich ihrer Repräsentanda. Mentale Modelle bilden relationale Eigenschaf<br />
ten ab: Sie geben die relationale Struktur der von ihnen modellierten Ge<br />
genstände in der Welt auch durch ihre eigene relationale Struktur wieder.<br />
Eine eigene relationale Struktur besitzen mentale Modelle wiederum durch<br />
ihre Vernetzung mit anderen inneren Zuständen des Systems. 167 Der para<br />
digmatische Fall relationaler Simulation dürfte die Konstruktion des durch<br />
visuellen Input dominierten 168 räumlichen Modells unserer Umgebung<br />
sein. In ihm werden räumliche Relationen wie etwa die „Nachbarschaft“<br />
einzelner Repräsentanda durch interne räumliche Relationen wiedergege<br />
ben. 169 Um ein mentales Modell eines räumlichen Prozesses oder Objekts<br />
zu generieren, muß also vom Gehirn eine Funktion realisiert werden, wel<br />
che die Relationen zwischen Elementen oder Teilen des Prozesses bzw.<br />
Objekts systematisch auf Relationen zwischen Teilen der erzeugten inneren<br />
Struktur abbildet.<br />
Wenn man ein mit Repräsentaten operierendes System als „analog“ be<br />
zeichnet (Etwa, indem man sagt: „Das menschliche Gehirn ist in W irklich<br />
keit ein System aus mehreren miteinander in Wechselwirkung stehenden<br />
Analogrechnern!“), bleibt eine Ambiguität bestehen. Denn Analogizität<br />
kann also sowohl als Eigenschaft mentaler Modelle als auch als Eigenschaft<br />
der Abbildungsrelation zwischen Repräsentandum <strong>und</strong> Repräsentat analy<br />
sieren. Ein analoge Repräsentate erzeugendes System realisiert also eine<br />
ganz bestimmte Abbildungsfunktion, die die inneren Gesetzmäßigkeiten<br />
<strong>und</strong> die relationale Struktur des Originals im Modell bewahrt. Von den<br />
Eigenschaften des Modells können Rückschlüsse auf Eigenschaften des<br />
Originals gezogen werden, weil die Operationen des Systems gewisse Iso<br />
morphismen erzeugen. In der Literatur werden unterschiedliche Isomor<br />
phismen diskutiert, zum Beispiel konkrete, physikalische Ismorphismen<br />
Geistesgeschichte wahrscheinlich in der psychologistischen Logik der Spätscholastik <strong>und</strong> ihrer<br />
oratio mentalis. Hier fand wohl erstmals die Anwendung konventioneller Repräsentationssy<br />
steme als theoretisches Modell für natürliche Repräsentationssysteme ihren Eingang in die<br />
Philosophie des Geistes. Vgl. Scheerer 1990a: 16f.<br />
167 Man kann annehmen, daß die Relationen zwischen mentalen Modellen realisiert sind<br />
als die Bedingungen ihrer Aktivierung durch das jeweilige physische System.<br />
168 Es gibt auch ein akustisches <strong>und</strong> ein kinästhetisches Raumbild. Eine gute Analyse der an<br />
der Erzeugung des visuellen Realitätsmodells beteiligten mentalen Repräsentationsleistungen<br />
in Form von Instantiierungserklärungen gibt Martin Eimer. Vgl. Eimer 1990; Marr 1982.<br />
169 Das bedeutet nicht, daß es auch eine Größenkovarianz zwischen Objekt <strong>und</strong> Repräsen<br />
tat gibt. In der Tat scheint dies bei „somtatotopischen Karten“ in biologischen Gehirnen nicht<br />
der Fall zu sein. Helge Ritter demonstriert die Entstehung einer solchen nachbarschaftserhal<br />
tenden Projektion durch die Computersimulation eines Selbstorganisationsprozesses auf neu<br />
ronaler Ebene in Ritter 1988: 59ff. Vgl. dazu auch Ritter⁄ Martinetz⁄ Schulten 1990: Kapi<br />
tel 7.<br />
170 Über den Unterschied zwischen Isomorphismen erster <strong>und</strong> zweiter Ordnung (in der<br />
Konzeption von Shephard⁄ Chipman 1970) schreibt Rehkämper: „Bei einem Isomorphismus<br />
erster Ordnung werden sowohl einstellige als auch mehrstellige Relationen abgebildet,